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US-Präsident Donald Trump will das Wahlergebnis noch drehen.

Foto: AP/Evan Vucci

CNN nannte Brad Raffensperger schon im November den "meistgehassten Mann in der republikanischen Partei", weil er sich gegen Interventionsversuche im Auszählungsprozess von Georgia wehrte. Nun könnte die Aufzeichnung eines Telefonats mit dem für die Wahlabwicklung in Georgia zuständigen Regionalminister Donald Trump eine Anklage einbringen. Die "Washington Post" veröffentlichte am Wochenende das Gespräch Trumps mit Raffensperger, in dem ihn der Noch-Präsident dazu drängt, 11.780 Stimmen "zu finden". Juristen in den USA diskutieren nun, ob Trumps Interventionsversuch ein Fall für die Gerichte des Bundesstaates ist.

Das konkrete Beispiel verwundert niemanden mehr. Längst ist offensichtlich, dass Trump demokratische Prinzipien oder Gesetze nur als Herausforderung sieht, die es zu überwinden gilt. Die vorhersehbare Absetzbewegung unter den Republikanern vollzieht sich langsam, aber mittlerweile deutlich. Erst vergangene Woche wurde ein Veto Trumps gegen das Gesetzespaket zum US-Verteidigungshaushalt mit einer Zweidrittelmehrheit im Senat ausgehebelt – eine zumindest symbolische Rebellion. Auch etliche republikanische Senatoren hegten offenbar den Verdacht, Trump wolle mit dem Veto vor allem schärfere Regelungen gegen Geldwäsche verhindern.

Narzisstischer Held

Verwunderlich ist aber, dass trotz allem am Mittwoch etliche Abgeordnete und Senatoren Joe Bidens offizielle Bestätigung als Präsident im Kongress hintertreiben wollen. Deutlicher kann man nicht demonstrieren, wie stark die Grand Old Party in den letzten vier Jahren Züge einer prinzipienlosen Sekte angenommen hat. Die willfährigen Trump-Getreuen rechnen wohl damit, dass ihr narzisstischer Held die kommenden Jahre ohne Verurteilung übersteht und 2024 noch einmal den Hut in den Ring wirft. Für die republikanische Partei ist aber zu hoffen, dass sie dem Würgegriff Trumps bald entkommt und die von Mitt Romney schon im Jahr 2012 angeregte "Obduktion" und Neuaufstellung erfolgen kann.

Wie viel Zeit die Partei sich dafür nehmen kann, wird auch von den Senatswahlen heute, Dienstag, in Georgia abhängen. Deren Ausgang entscheidet, ob die Republikaner die Mehrheit im Senat behalten und die Blockadepolitik fortsetzen können, die die USA lähmt. Mit der unverschämten Intervention in Georgia hat Trump die Erfolgsaussichten der republikanischen Kandidaten jedenfalls geschmälert. (Manuela Honsig-Erlenburg, 4.1.2021)