Nachdem am Sonntag die Kundgebung am Heldenplatz behördlich aufgelöst wurde, bildeten sich zwei angekündigte Spontandemos.

Foto: der standard

In der Telegram-Gruppe der österreichischen "Querdenker" gab ein Administrator am Sonntag bekannt, dass er im Besitz des Presseausweises des Fotojournalisten Lorenzo Vincentini sei. Wer ein Bild haben wolle, solle ihm eine private Nachricht schreiben. Auf Presseausweisen ist auch die Wohnadresse ihrer Inhaber verzeichnet.

Vincentini begleitet seit Jahren Demos der rechtsextremen Szene und nun auch jene der "Querdenker". Schon einmal hätten organisierte Rechtsextreme seine Privatadresse veröffentlicht. Auf den Demos gegen die Corona-Maßnahmen spüre er, dass ihn viele als Kenner der Szene zuordnen können und sofort beschimpfen. "Langsam wird es ernst", sagt Vincentini zum STANDARD. Er verweist auf regelmäßige Aufrufe zu Bürgerkrieg und Attentaten in Chat-Gruppen. Er passe perfekt in das Feindbild der Demonstranten. "Wenn ich die Haustür aufsperre, drehe ich mich mittlerweile automatisch fünfmal um", sagt er.

"Spannung hinter ihnen"

Von der Polizei erhalte er wenig Unterstützung. Bei der Demo am Sonntag wurde er von mehreren Demo-Teilnehmern angepöbelt, als er fotografierte. Daraufhin soll ihn ein Beamter aufgefordert haben, sich zu entfernen. "Er hat gesagt: Haben Sie nicht bemerkt, dass hinter Ihnen eine Spannung ist?", sagt der Reporter.

Auf Anfrage bei der Polizei, ob man von der angedrohten Veröffentlichung des Presseausweises wisse, antwortet die Polizei dem STANDARD: "Das ist uns nicht bekannt. Wenn sich Ihr Kollege bedroht fühlt, kann er den Vorfall in jeder Polizeiinspektion melden." Vincentini will den Fall erst mit seinem Anwalt besprechen. Er mache sich keine Hoffnung, dass eine Anzeige etwas bewirke. Die Polizei habe ihn auf Demonstrationen auch nicht vor Übergriffen geschützt.

Angekündigte "Spontandemos"

Als sich am Sonntag nach dem Versuch, die Demo aufzulösen, zwei weitere Demo-Züge bildeten, bezeichnete die Polizei diese auf Twitter als "spontane" Kundgebungen. Doch bereits auf der Facebook-Seite der Veranstaltung war vom anschließenden "Hygienespaziergang" zu lesen. Auch auf der Bühne wurden die Märsche per Lautsprecher angekündigt. Darauf schienen die Beamten nicht vorbereitet gewesen zu sein. Während des Demo-Zugs wurde eine Veranstalterin laut Augenzeugen zudem wiederholt von Beamten gefragt, wohin sie denn marschieren wolle.

Unter den rund 2.000 Demonstrierenden hielten sich die wenigsten an Mindestabstand und Maskenpflicht. Drei der 2.000 wurden laut Polizei-Aussendung vom Montag angezeigt, die Ausforschung weiterer sei im Gange. Bereits am Samstag gab es eine nicht angemeldete Demo in Wien mit 200 Teilnehmenden. Nach dieser gab es 38 Anzeigen nach dem Versammlungsgesetz und 38 nach der Covid-19-Notmaßnahmenverordnung.

BVT ermittelt

Wegen der zahlreichen Drohungen in den "Querdenker"-Chats und -Gruppen ermittelt nun auch das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT). Konkret soll das BVT wegen dem Verdacht einer staatsfeindlichen Verbindung ermitteln, schreibt der "Kurier" am Montagabend.

In Oberösterreich ermittelt die Polizei nach einer Kundgebung von Corona-Verharmlosern in Braunau wegen NS-Wiederbetätigung. In weißen Schutzanzügen gekleidete Personen posierten dort am Freitag für ein Foto vor dem Geburtshaus Adolf Hitlers. Einige mit gestrecktem rechtem Arm. Dass es sich teils um Hitlergrüße handelt, sei an diesem Ort möglich, so Polizeisprecher David Furtner zum STANDARD. Die Polizei bittet um Hinweise von Zeugen, die vor Ort waren. (Laurin Lorenz, Colette M. Schmidt, 5.1.2021)