Die Ratte Rémy von 2007 feiert dank kreativer Tiktok-Nutzer ein Comeback.

Foto: Disney/Pixar

Wie so oft im vergangenen Jahr begann alles mit Langeweile und einem Ausflug in die sozialen Medien. Daraus wurde eine ganze Show – bei "Ratatouille: The TikTok Musical" treten professionelle Broadway-Granden wie Tituss Burgess ("Unbreakable Kimmy Schmidt") gemeinsam mit Tiktok-Stars auf, um den bekannten Disney/Pixar-Film "Ratatouille" musikalisch zu inszenieren.

Angefangen hat es aber zunächst mit dem Tiktok-Video der New Yorker Grundschullehrerin Emily Jacobsen, die den Rattenkoch Rémy spontan in ihrer Wohnung beim Aufräumen besingt. Die improvisierten Zeilen über den Protagonisten des Films, einen heimlichen Starkoch, stellte Jacobsen auf Tiktok: "Rémy, der Ratatouille, die Ratte meiner Träume", singt sie dort theatralisch.

Jacobsens Video verbreitete sich rasch auf der Plattform.

Alter Film wird zum Trend

Eigentlich wollte sie nur einen lustigen Clip mit ihren Freunden teilen, auf der populären Videoplattform mit besonders junger Nutzerschaft wurde ihre spontane musikalische Einlage aber vielfach geteilt und ging viral. Daraus entstand rasch ein Trend: In der Corona-Selbstisolation teilten Nutzer kurze Ausschnitte, in denen sie einen Aspekt des Disney/Pixar-Films musikalisch untermalten, häufig bebildert mit der Ratte Rémy. Der Komponist Daniell Mertzlufft griff Jacobsens Gesang auf und gab ihr die instrumentale Begleitung, die dem Werk den Anstrich eines professionellen Musicals gab.

In den darauffolgenden Monaten entstanden immer mehr kreative Kurzvideos, bei denen User Texte, Kostüme, Tanzchoreografien und humoristische Zusammenschnitte teilten.

Auch zahlreiche Künstler folgten dem Trend. Damit fehlte nur noch die Erlaubnis von Disney, die das Unternehmen zumindest augenscheinlich mit einem Instagram-Posting erteilte: Darauf zu sehen ist Rémy, beschriftet ist das Foto mit einem Zitat aus Jacobsens Lied.

Benefizkonzert

Parallel dazu gewährte die Disney Theatrical Group ein Benefizkonzert für die Wohltätigkeitsorganisation Actors Fund. Damit waren die Weichen für "Ratatouille" in Musical-Form gestellt, das seine Premiere am Jahresanfang mit einer Besetzung, die man mit einer Broadway-Produktion verwechseln könnte, feierte: Neben dem eingangs erwähnten Tituss Burgess machen Stars wie Adam Lambert, Kerin Chamberlin und Wayne Brady mit. Dazu kommen eine eigene professionelle Choreografie und ein Orchester aus 20 Personen, angeführt von Mertzlufft.

Ganz auf den Broadway schafft die Produktion es pandemiebedingt aber nicht. Stattdessen landete sie als Streamingangebot auf der Ticketplattform Todaytix. Dort können interessierte Nutzer das Musical für einen beliebigen Preis zwischen fünf und 100 Dollar erwerben. Die Einnahmen gehen an den Actors Fund, der damit Mitarbeiter aus dem Kulturbereich, die aufgrund der Pandemie in eine Notsituation geraten sind, finanziell unterstützt. Schon jetzt erweist sich die Initiative als großer Erfolg: So hat sie zur Premiere bereits mehr als eine Million US-Dollar eingenommen.

Tiktok bleibt populär

Nebst der Kreativität junger Social-Media-User zeigt die im Netz zusammengeköchelte Kreation auch, welch großen Stellenwert Tiktok weiterhin bei jungen Nutzern in den USA hat – obwohl die Regierung unter Präsident Donald Trump den chinesischen Social-Media-Dienst verbieten wollte, bisher aber vor Gericht abgeblitzt ist. Das Vorgehen wurde damit begründet, dass Tiktok eine Gefahr für die "nationale Sicherheit" darstellen könnte. Der Eigentümer Bytedance dementiert das und wirft der US-Regierung wiederum vor, nicht ausreichend Belege vorzulegen.

Die Verkündung des Plans folgte nach einem anderen großen Tiktok-Phänomen – so hatten die User der Plattform Trump "getrollt", indem sie tausende Tickets für eine Wahlkampfveranstaltung in Tulsa reservierten und dann nicht einlösten. (Muzayen Al-Youssef, 4.1.2020)