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Trump erhebt seit Wochen den Vorwurf massiven Wahlbetrugs, ohne dafür irgendwelche Belege zu präsentieren.

Foto: AP/Evan Vucci

Washington – Trotz der bevorstehenden Vereidigung seines Nachfolgers Joe Biden will der abgewählte US-Präsident Donald Trump weiterhin mit aller Macht an seinem Amt festhalten. "Sie werden das Weiße Haus nicht erobern, wir werden wie der Teufel kämpfen", sagte Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung in Dalton kurz vor zwei Stichwahlen für den US-Senat in Georgia. Trump wiederholte in seiner 83-minütigen Ansprache seine bekannten und unbelegten Wahlbetrugsvorwürfe.

Vor Tausenden Unterstützern rief Trump Abgeordnete und Senatoren dazu auf, am Mittwoch Einspruch gegen die Zertifizierung der Ergebnisse einzelner Bundesstaaten im Kongress einzulegen. Er machte deutlich, dass er dabei auch auf die Unterstützung von Vizepräsident Mike Pence baut. Pence steht dem Senat als Präsident vor und wird die gemeinsame Sitzung der beiden Kongresskammern am Mittwoch leiten. "Ich hoffe, dass unser großartiger Vizepräsident sich für uns einsetzt", sagte Trump. "Er ist ein großartiger Kerl. Wenn er sich nicht einsetzt, werde ich ihn natürlich nicht ganz so sehr mögen."

Republikaner fordern Prüfung

Am Mittwoch sollen das Repräsentantenhaus und Senat das Ergebnis der Wahl vom 3. November zertifizieren. Dabei handelt es sich eigentlich um eine bloße Formalität. Allerdings hat eine Gruppe von zwölf Senatoren von Trumps Republikanischer Partei angekündigt, sie wollten in der Sitzung die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses fordern, der eine zehntägige Prüfung des Wahlergebnisses vornehmen soll. Auch rund hundert republikanische Mitglieder des Repräsentantenhauses wollen Einwände gegen die Bestätigung von Bidens Wahlsieg vorbringen.

Trump erhebt seit Wochen den Vorwurf massiven Wahlbetrugs, ohne dafür irgendwelche Belege zu präsentieren. Dutzende Anfechtungen des Wahlergebnisses wurden von Gerichten abgewiesen. Auch die Vorstöße republikanischer Parlamentarier gegen die Bestätigung von Bidens Wahlsieg haben keine Aussichten auf Erfolg. Die Zertifizierung kann dadurch allenfalls verzögert werden. Biden soll am 20. Jänner als 46. US-Präsident vereidigt werden.

Biden unterstützt Demokraten in Georgia

Einen Tag vor der entscheidenden Stichwahl um zwei US-Senatssitze in Georgia warb Biden am Montag eindringlich für die beiden demokratischen Bewerber. Das Ergebnis der beiden Stichwahlen entscheidet darüber, ob die Republikaner ihre Mehrheit im Senat verteidigen können oder ob Bidens Demokraten neben dem Repräsentantenhaus künftig auch die andere Kongresskammer dominieren werden.

Biden sagte bei einem Auftritt mit den Kandidaten Jon Ossoff und Raphael Warnock in Atlanta: "Morgen kann ein neuer Tag für Atlanta, für Georgia und für Amerika sein." Über Ossoff und Warnock sagte er: "Sie sind prinzipientreu, sie sind qualifiziert. Sie sind ehrenhaft, sie meinen, was sie sagen." Den beiden republikanischen Amtsinhabern David Perdue und Kelly Loeffler warf Biden vor, diese dächten, dass ihre Loyalität Trump gehöre, nicht Georgia und der Verfassung der Vereinigten Staaten.

Biden warf Trump außerdem vor, die US-Bundesstaaten nicht bei der Impfkampagne gegen Covid-19 zu unterstützen. "Der Präsident verbringt mehr Zeit damit zu jammern und zu klagen, als sich um das Problem zu kümmern. Ich weiß nicht, warum er den Job noch will, wenn er die Arbeit nicht leisten möchte."

Richterin blockiert Trump

Trump hat nicht nur mit Kritik der Demokraten zu kämpfen. Einer Richterin zufolge darf seine Regierung zunächst nicht gegen Menschenrechtsanwälte vorgehen, die die Arbeit des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) unterstützen. Bundesbezirksrichterin Katherine Polk Failla erließ am Montag eine entsprechende einstweilige Verfügung und blockierte damit einen Erlass Trumps. Die Maßnahme der Regierung dürfte ein Verstoß gegen die in der Verfassung garantierte Meinungsfreiheit darstellen, sagte sie zur Begründung.

"Sorgen um die nationale Sicherheit dürfen nicht zum Talisman werden, um unbequeme Vorwürfe abzuwehren", erklärte die Richterin. Eine Stellungnahme des Justizministeriums lag zunächst nicht vor.

Mitglieder des IStGH befassen sich unter anderem mit mutmaßlichen US-Kriegsverbrechen von 2003 bis 2014 in Afghanistan. Vertreter der US-Regierung werfen dem Gericht vor, die Souveränität der USA zu verletzen und russischen Interessen zu dienen. Insidern zufolge könnte Biden die Maßnahmen seines Vorgängers rückgängig machen.

Spitzenmanager: Wahlsieg Bidens anerkennen

Mehr als 170 Spitzenmanager der US-Wirtschaft appellieren nun in einem gemeinsamen Brief an den Kongress, Bidens Sieg zu bestätigen. Die Wahl sei entschieden – "und es ist Zeit für das Land, sich nach vorne zu bewegen". Versuche, die endgültige Bestätigung Bidens zu behindern, stünden den "elementaren Grundsätzen unsere Demokratie" entgegen, betonten die 179 Unterzeichner.

Die Unterzeichner repräsentieren eine breite Palette von Branchen, vom Finanzsektor über die Technologiebranche bis hin zum Sport und den Medien. Unterschrieben wurde der Brief etwa von Microsoft-Präsident Brad Smith, dem Altice-Chef in den USA, Dexter Goei, Lyft-Mitbegründer John Zimmer und den Chefs der Basketball-Ligen für Männer und Frauen, Adam Silver und Catherine Engelbert. (APA, red, 5.1.2021)