Es gab von Beginn an keine Kundgebung, bei der man nicht auch bekannte Gesichter aus einschlägigen Kreisen erkannt hätte.

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"Rechtsextreme Gruppierungen sind die treibenden Kräfte der Leugner der Corona-Pandemie – das ist ein Faktum." Diese erfreuliche Feststellung von Innenminister Karl Nehammer wird nirgends in Österreich die Kenner der rechtsextremen Szene überraschen. Es gab von Beginn an keine Kundgebung, bei der man nicht auch bekannte Gesichter aus einschlägigen Kreisen erkannt hätte.

Und sicher: Man kann sich nicht aussuchen, wer mitmarschiert, wenn man zu einer Demonstration aufruft. "Mündige Bürger" wollen sie sein: die Corona-Leugner, Verharmloser, Kritiker und sogenannten "Querdenker". Wer mündig ist, kann sich aber sehr wohl genau ansehen, wer zu einer Demo, an der man teilnimmt, aufruft, sie organisiert und dort als Redner auftritt.

Wer noch immer mit Aktivisten gemeinsame Sache macht, deren Ziel es ist und immer war, die Demokratie zu zerstören, macht sich im besten Fall lächerlich, wenn er "Freiheit" und "Diktatur" schreit. Im schlechtesten Fall macht er sich zum Mittäter. Wer Sebastian Kurz, Rudolf Anschober oder Alexander Van der Bellen als Diktatoren sieht, aber kein Problem damit hat, mit Neonazis zu marschieren, stellt sich selbst weit außerhalb unseres Verfassungsbogens und jedes ernsten politischen Diskurses.

Zum Narren gehalten

Lange genug wurden die ohnehin von der Pandemie genug gebeutelten Bürgerinnen und Bürger von einer Splittergruppe zum Narren gehalten, die nicht nur die Frechheit und Geschmacklosigkeit besitzt, sich mit Widerstandskämpfern gegen die NS-Diktatur und mit Opfern des Holocausts zu vergleichen, sondern zusehends zur echten Gefahr für viele andere wird. Während man – mit gutem Grund – wohl empört reagieren würde, wenn bei Skiliften dicht gedrängt ohne Mund-Nasen-Schutz angestanden würde, hat man solche Situationen mit schöner Regelmäßigkeiten bei Demos im ganzen Land. Dabei fahren teilweise immer dieselben mit Bussen zu diesen Demos – auch ohne Masken, versteht sich. Sie sind Superspreader in Sachen Unwahrheiten und Virus.

Nun ist es nicht so, dass die Regierung und ihre Krisenkommunikation in den letzten Monaten nicht oft genug Grund für Kritik geliefert hätten. Und hätten die Leser rechtsextremer Medien und Telegram-Gruppen oder Facebook-Seiten auch hin und wieder einen Blick in seriöse Medien geworfen, würden sie fundierte Kritik vielleicht auch erkennen.

Doch zu Anschlägen auf Polizeistationen, auf Medien wie den ORF und auf unsere gewählten Politiker aufzurufen hat eben genau gar nichts mit einer Demokratie zu tun. Man kann nur hoffen, dass der Innenminister mit seiner Ankündigung, diese Aufmärsche und deren Legitimation künftig schärfer zu beobachten, ernst macht.

Wenn unter dem Deckmantel des Schutzes eigener Freiheiten das Leben vulnerabler Mitbürger gefährdet wird, ist das ein – absichtliches – Missverstehen des Rechtsstaats. (Colette M. Schmidt, 5.1.2021)