Die Vertreter der sechs Staaten des Golfkooperationsrates – darunter der saudische Kronprinz und der Emir von Katar.

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Der katarische Emir Tamim bin Hamad Al Thani und der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman bei der Umarmung am Flugplatz.

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Jared Kushner durfte in Saudi-Arabien die Lorbeeren einstreichen: Der eigentliche politische Adressat der großen Versöhnungsshow des Golfkooperationsrates (GCC) in Al-Ula am Dienstag, zu der Donald Trumps Schwiegersohn und Nahostbeauftragter anreiste, muss jedoch erst ins Weiße Haus einziehen. Dass die von Saudi-Arabien fast schon erzwungene Streitbelegung der sechs arabischen Golfstaaten – Saudi-Arabien, Kuwait, Bahrain, Vereinigte Arabische Emirate (VAE), Oman und Katar – zumindest formal vollzogen wurde, ist nicht zuletzt eine Vorleistung auf gute Beziehungen zwischen Riad und Washington. Sie bedeutet ein Problem weniger für US-Präsident Joe Biden, ein Einstandsgeschenk Saudi-Arabiens, zu dem Biden ein eher gespaltenes Verhältnis hat.

In der Tat war der dreieinhalb Jahre dauernde totale Boykott Katars durch Saudi-Arabien, die Emirate, Bahrain und – als Nicht-GCC-Staat – Ägypten ein großes Ärgernis für die strategischen Interessen der USA am Persischen Golf. In Bahrain befindet sich das Hauptquartier der 5. US-Flotte, in Katar der größte Militärstützpunkt der USA in der Region, um nur ein Paradoxon zu nennen, das die Politik des "Quartetts", der vier blockierenden Staaten, begleitete. Gerade jetzt, wo die Entscheidung über eine künftige US-Politik vis-à-vis dem Iran bevorsteht – der soeben mit der Erhöhung des Grads seiner Urananreicherung auf 20 Prozent die Kosten für eine Normalisierung nach oben treibt –, kann Washington innerarabischen Streit am Golf so gar nicht brauchen.

Saudisch-katarische Umarmung

Der Empfang des von König Salman persönlich eingeladenen katarischen Emir Tamim bin Hamad Al Thani durch den saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman setzte den Ton: Corona zum Trotz wurde es eine – wenngleich masken-gesicherte – Umarmung. König Salman, der Gastgeber, trat nicht auf, was unweigerlich zu Spekulationen über seinen Gesundheitszustand führt.

Die Unterzeichnung des neuen "Solidaritäts- und Stabilitätspakts" erfolgte zügig. Er reiht sich in eine längere Liste von Dokumenten mit Zusagen, die Katar in all den Jahren Saudi-Arabien gegeben hat, diese und jene Politik zu unterlassen. Ob sich diesmal wirklich etwas ändert, ob der Frieden hält, bleibt noch zu sehen. Vor allem die VAE und Bahrain machten sich nicht viel Mühe, ihre Skepsis zu verbergen: Aus beiden Ländern kamen nicht die Staatschefs in die mit luxuriöser Infrastruktur versehene historische Wüstenstadt Al-Ula. Auch der neue Sultan von Oman, Haitham bin Tariq, blieb zu Hause. Die omanische Reservatio mentalis dem GCC gegenüber ist indes nichts Neues – man hatte aber gemutmaßt, dass sich das nach dem Ableben des Herrschers über fünf Jahrzehnte, Sultan Qabus, vielleicht ändern würde. Nur der neue Emir von Kuwait, Nawaf bin Ahmed, reiste an, Kuwait hatte bis zum letzten Moment aktiv vermittelt. Aus Ägypten kam Außenminister Sameh Shukri – gefolgt von einem Besuch des katarischen Finanzministers in Kairo.

Iran, Türkei, Muslimbrüder

Ihren harten 13-Punkte-Forderungskatalog von 2017, als der Boykott begann, ließ das Quartett fallen, mit Sicherheit aber nicht die prinzipiellen Wünsche: eine Distanzierung Dohas von allem, was mit Muslimbrüdern, Türkei und Iran zu tun hat. Die türkische Militärbasis in Katar wird Emir Tamim jedoch schon aus Gründen der persönlichen Sicherheit nicht schließen, auch er hat keinen Grund, seinen arabischen Partnern völlig zu trauen: Immerhin stand 2017 sogar eine Militäroperation gegen Katar im Raum.

Für die Einbettung des neuen GCC-Friedens war es deshalb umso wichtiger, dass auch Saudi-Arabien und die Türkei ihr äußerst angespanntes Verhältnis in den vergangenen Wochen etwas verbesserten. Auch hier steht jedoch der Realitätstest aus: Die großen ideologischen Unterschiede bleiben bestehen und können jederzeit wieder aufbrechen.

Erleichterung für Marokko und Jordanien

Die Türkei wird mit Sicherheit ihre neue proaktive Politik im Nahen Osten und Nordafrika weiter verfolgen, etwa in Libyen – wo nun wohl die GCC-Partner von Katar erwarten, dass es sich der weiteren Unterstützung Ankaras enthält. Für die Monarchien Jordanien und Marokko, die versuchten, während der GCC-Spaltung ihre Beziehungen zu beiden Seiten aufrecht zu erhalten, brechen einfachere Zeiten an. Zuletzt war es frappierend zu sehen, wie Marokko, das sich geweigert hatte, mit Katar zu brechen, von den VAE umworben wurde: Wochen vor den USA gab Abu Dhabi bereits seine Eröffnung von Konsulaten in der Westsahara – und damit die Anerkennung der marokkanischen Souveränität über das umstrittene Gebiet – bekannt und ebnete so den Weg zur offiziellen marokkanisch-israelischen Normalisierung.

Arbeitslose Trolle?

Der katarische Fernsehsender Al Jazeera, der nach dem ursprünglichen Quartett-Forderungskatalog geschlossen hätte werden müssen, hat noch am Dienstag damit begonnen, Saudi-freundliche Dokus auszustrahlen. Das ist eine leichte Übung, denn unabhängig war der Sender trotz seines Rufs ohnehin nie, und die Saudi-kritischen Informationssendungen werden sich rasch eindämmen lassen. Interessant wird es sein, ob die gegenseitige – auch diplomatische – Propaganda eingestellt wird und wie effektiv beide Seiten ihre Trollarmeen wieder einfangen, die auf Social Media ihr Unwesen treiben. (Gudrun Harrer, 6.1.2021)