Der britische Bestsellerautor Nick Hornby erzählt auf leichtgängige Art, aber nicht allzu tiefschürfend von unterschiedlichen sozialen Welten.

Foto: Miriam Douglas

Mit dem Jahreswechsel ist der Brexit-Handelspakt in Kraft; es hat die Farce um den Ausstieg der Insel aus der EU nun wirklich ein Ende gefunden. Angesichts dessen mutet es etwas anachronistisch an, dass Nick Hornbys im Herbst erschienener neuer Roman Just like you größtenteils im Frühjahr und Sommer 2016 spielt – vor dem Hintergrund des damaligen Referendums zum Ausstieg. Zumal Hornby dazu nichts Neues, keine Weisheit des "Nachhineins" enthüllt. Doch ist das nicht der einzige Grund, warum das Buch enttäuscht.

Biofleisch mit Extras

Das liegt genauso an Detailschilderungen. Hauptfigur ist Lucy, 42, Englischlehrerin und Mutter zweier Söhne, von deren Vater sie getrennt lebt. Denn er hat getrunken. Weil er aber an sich kein übler Kerl ist und ihn schlechtes Gewissen plagt, zahlt er ordentlich Unterhalt. Zu Lucys nun sorgenfreiem Leben gehört auch der Einkauf von Biofleisch beim Metzger in dem schicken Londoner Viertel, in dem ihr Haus steht.

In dem Laden arbeitet Joseph, 22 Jahre alt, schwarz. Nebenbei ist er Jugendfußballtrainer und macht Musik. Andere Kundinnen flirten mit ihm, die stille Lucy aber weckt sein Interesse. Als sie ihn eines Tages als Babysitter anheuert, gewinnt er das Herz ihrer Burschen beim FIFA-Spielen auf der Playstation sofort. Im Gespräch macht er auch Eindruck auf Lucy. Im Gegensatz zu den Dates, auf die sie uns mitnimmt: Der erste Mann ist langweilig und versteht ihre Scherze nicht. Der nächste ist geistvoll, Schriftsteller, wohlhabend, er kriegt aber nicht mehr verlässlich einen hoch. Joseph hat mit beidem keine Probleme.

Alter, Klasse, Rasse

Die Romanze nimmt ihren Lauf. Zweifel ("Für ihre zweiundvierzig Jahre war sie gut in Form, aber es war dennoch der Körper einer Zweiundvierzigjährigen.") auf beiden Seiten (Joseph will Lucy lange nicht seiner Familie vorstellen) können die Liebe nicht stoppen. Eine junge schwarze Frau wird dazwischenkommen, das Paar sich neu fangen.

Die Brexit-Abstimmung passiert erzählerisch eher nebenher. Joseph repräsentiert dabei eine politisch mäßig informierte Jugend, seine Eltern (die Mutter ist Krankenschwester) eine Arbeiterschicht, die Lucy bisher fremd war. Dass es ein Privileg ist, Freunde zu haben, die sie im Sommer in Ferienhäuser an der Küste einladen, reflektiert Lucy nun zum ersten Mal. Neben Alters- und Klassenunterschieden beschäftigt sie plötzlich auch Rassismus. Denn als Joseph eines Abends vor ihrer Haustür wartet, ruft ein besorgter Nachbar die Polizei, die Joseph anhält und abtastet und nicht glauben will, dass er hier erwartet wird.

Nicht auf der Höhe

Das passt in die Reihe bisheriger populärer Bücher von Hornby (63) wie High Fidelity, About a Boy oder A Long Way Down. Hornby nimmt sich stets den Alltag markanter Gruppen vor. Die schöne Botschaft dieser knapp 400 Seiten ist: Sie kommen aus verschiedenen Welten, haben je Scheu vor der des anderen, finden aber heraus, dass keine gar so anders ist, wie sie befürchtet hatten.

Das ist zweifellos gut gemeint und die Geschichte schnurrt, sie macht aber zunehmend skeptisch. Keines der Themen durchdringt Hornby wirklich, tippt nur den Zeh ins Wasser. Kenntnisreiche Dichte und pointierte Details sucht man vergebens. Die Handlung klingt mit jeder Seite erwartbarer und klischeehafter. Man fühlt sich angesichts der komplexen Bücher, die zu Frauenfiguren und Schwarzsein zuletzt von Autorinnen erschienen sind, nicht auf der Höhe der Zeit. (Michael Wurmitzer, 7.1.2020)