Am Tag X in Form zu sein gehört zu den wichtigsten Zielen im Leistungssport. Für Alisa Buchinger war das 2020 besonders schwer. Weil Tag X aufgrund der Corona-Pandemie nicht und nicht anbrechen wollte.

Sämtliche Turniere wurden abgesagt, die Olympischen Spiele auf kommenden Sommer verschoben. Ihre Form sei daher Anfang 2021 "schwer einzuschätzen", sagt die 28-Jährige zum STANDARD. "Du trainierst, trainierst, trainierst, ohne eine Überprüfung zu haben." Die Motivation leide, der Wettkampf fehle völlig.

Training in Zeiten der Pandemie hieß für Alisa Buchinger auch Kontakt mit Bäumen anstatt wie gewohnt mit Menschen.
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Der vorerst letzte fand am 29. Februar 2020 in Buchingers Heimat Salzburg statt. Das anschließende Trainingslager auf den Kanaren musste Corona-bedingt abgebrochen werden, knapp vor dem ersten Lockdown landete Buchingers Team zurück in Österreich. Für die Karateka war fortan Homeoffice angesagt: "In ein paar Wochen verlernst du Karate nicht. Ich habe mir halt irgendwo einen Baum gesucht, auf den ich draufschlagen konnte."

Zusammenhalt zeigen

Parallel unterstützte die Heeressportlerin Mitarbeiter im Zentrallager eines großen Lebensmittelhändlers in Laakirchen, "die an ihre Belastungsgrenzen gekommen sind". Buchinger war es damals wichtig, "Zusammenhalt zu zeigen".

Zwischenzeitlich konnte die Weltmeisterin von 2016 wieder im Olympiazentrum Salzburg-Rif trainieren, allerdings mit Abstandsregel. Suboptimal für Buchingers Kumite-Karate, das eben in Zweikämpfen ausgetragen wird. "Eine Kontaktsportart ohne Kontakt ist nicht so lustig", sagt sie, "aber wir konnten wenigstens trainieren."

Seit 1. Juli auch wieder mit Kontakten. Buchinger arbeitete an Feinheiten. Neben Ausdauer- und Krafttraining wurde viel an der Technik gefeilt, wozu man in einer normalen Saison kaum komme. Weil ohnehin keine Wettkämpfe anstanden, nutzte die Salzburgerin die Zeit auch für ein "körperliches Generalservice", wie sie auf ihrer Homepage ausdrückt. Knieschmerzen, die sie bereits länger verfolgten, kurierte sie im Herbst aus. Gleichzeitig stellte sie ihre Ernährung um.

Zeit des Geldes

Anfang des Jahres stehen nun die üblichen Sponsorengespräche an. 2020 sei auch für diverse Firmen schwierig gewesen, und sie habe nach einer Corona-Saison wenig vorzuweisen, sagt Buchinger. "Aber ich bin zuversichtlich, dass wir eine gute Kooperation finden werden."

Zuversichtlich ist sie auch für 19. Februar. Dann soll in Lissabon ein Turnier ausgetragen werden. Das dortige Corona-Sicherheitskonzept sei laut Weltverband World Karate Federation (WKF) stimmig "und andere Sportarten tragen ja auch Turniere aus", sagt Buchinger. Wichtig sei, endlich wieder in den Wettkampfmodus zu kommen.

Um etwas Rhythmus zu bekommen, wollen Österreichs Asse, darunter auch Bettina Plank, die European-Games-Siegerin und Nummer drei bis 50 Kilogramm, am 31. Jänner einen Vergleichskampf gegen Deutschland in Salzburg absolvieren.

Jeder kleine Schritt ist im Hinblick auf den Tag X Mitte Juni, auf das Olympia-Qualifikationsturnier, wichtig. "Es ist schwieriger, sich zu qualifizieren, als eine Medaille zu machen", sagt Buchinger. Das liegt daran, dass für Olympia die Gewichtsklassen zusammengestutzt wurden. Ihre Klasse bis 68 Kilogramm wurde mit jener über 68 Kilogramm vermengt.

In der Ausscheidung in Paris matchen sich rund 80 Teilnehmerinnen auf der Matte um die verbliebenen drei Tickets für Tokio, wo dann wiederum zehn Athletinnen um Edelmetall eifern. "Alles kann passieren." Spätestens dann muss die Form passen – und die weltweite Corona-Lage die Turniere überhaupt zulassen.

Buchinger will die Lage einmal abwarten, auch was die Impfung betrifft. "Aktuell sind ja noch nicht einmal alle Altersheime durch." Im März oder April werde es dann vielleicht für sie Thema. Überstürzen möchte die Karateka nichts. Aber als Leistungssportlerin, die auf Flugreisen angewiesen sei, "werde ich es sicherlich irgendwann machen müssen".

Bis dahin wartet und rackert Buchinger weiter – mit regelmäßigen Corona-Tests vor dem Training. Nicht anders geht es in einer Kontaktsportart mit Kontakten. (Andreas Gstaltmeyr, 7.1.2021)