Vor und im Kapitol wollen Trump-Anhänger die Wahl Joe Bidens noch verhindern.

Foto: Joseph Prezioso / AFP

"Sturm auf die Demokratie" titelt CNN seine Berichterstattung über den Sturm rechtsextremer Trump-Anhänger auf das Kapitol, den Sitz der beiden Häuser des US-Parlaments. Und genau das ist es. Trump hat diesen Mob von weißen Männern und auch Frauen, die zum Teil Südstaatenflaggen schwenkten, zum Teil bewaffnet waren und in bizarren Kampfanzügen steckten, seit Monaten aufgehetzt mit seinen kriminellen Behauptungen, ihm sei die Wahl gestohlen worden. Noch kurz vor dem Sturm feuerte er sie persönlich auf einer Kundgebung an. Dann forderte er sie jämmerlich auf, doch bitte heimzugehen, und wiederholte im selben Atemzug, dass die Wahl "gestohlen" sei.

Trump gehört vor Gericht. Wenn es juristisch-technisch noch möglich ist, gehört er sofort abgesetzt ("unfähig, sein Amt auszuüben" – dazu braucht man aber eine Mehrheit im Kabinett oder im Kongress). Die republikanischen Senatoren und Abgeordneten, die Trump bei diesem Last-Minute-Versuch eines Coups unterstützten, gehören umgehend abgewählt.

Das wird vermutlich alles nicht oder nicht so passieren. Die USA werden irgendwie die Ordnung wiederherstellen (wo blieb die Spezialpolizei?). Aber der tiefere Hintergrund ist, dass dieses Land auf eine Drittwelt-Putschistenrepublik zumarschiert. Allein dass alle noch lebenden Verteidigungsminister es für notwendig hielten, das Militär zur Zurückhaltung aufzufordern, ist noch nie dagewesen.

Trump ist zu feig und zu konfus, um einen echten Staatsstreich durchzuziehen. Er wäre gern ein Putin oder Erdoğan, aber das schafft er wohl nicht. Doch die Putins und die Erdoğans und die Xi Jinpings wissen seit heute: Die USA sind zutiefst angeschlagen, ihr System, ihre Institutionen von ein paar tausend verrückten Rednecks in Gefahr gebracht. (Hans Rauscher, 6.1.2021)