Trump-Anhänger hatten am Mittwoch den Sitz des Kongresses gestürmt und waren in das Gebäude eingedrungen. Auf den Treppen des Parlamentsgebäudes wurden Trump-Flaggen entrollt.

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Nachdem das Kapitol in Washington am Mittwoch von Anhängern des US-Präsidenten Donald Trump gestürmt wurde, haben Staatschefs weltweit und führende Politiker – auch Republikaner – alarmiert auf die gewaltvollen Szenen in der US-Hauptstadt reagiert.

"Schändliche Szenen im US-Kongress", twitterte Johnson am Mittwochabend. "Die Vereinigten Staaten stehen in aller Welt für Demokratie, und nun ist entscheidend, dass es zu einer friedlichen und geordneten Machtübertragung kommt." Johnson hatte immer seine "guten Beziehungen" zu Trump betont, der seinerseits den Premierminister als "britischen Trump" bezeichnet hatte. Johnson wird vorgeworfen, dass er Trumps Festhalten an der Macht nicht kritisiert hatte.

Auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sprach von "schockierenden Szenen". Das Ergebnis der "demokratischen Wahl" müsse respektiert werden. Der kanadische Premierminister Justin Trudeau zeigte sich ebenso besorgt: "Wir verfolgen die Situation Minute für Minute". Er glaube an die Stärke der US-amerikanischen Institutionen und eine "baldige Normalisierung".

"Angriff auf Demokratie"

In Österreich riefen die Szenen in Washington auch alarmierte Reaktionen hervor. Außenminister Schallenberg sprach von einem beunruhigendem "Angriff auf die Demokratie". Das Kapitol sei ein Symbol der amerikanischen Demokratie, es sei inakzeptabel, dass es von solcher Gewalt, Hass und Chaos missachtet werde. Nun müsse eine friedliche und geordnete Machtübergabe gesichert werden, twitterte Kurz.

Mit "tiefer Sorge" beobachtet Bundespräsident Alexander Van der Bellen "den den populistisch angestachelten, demokratieverachtenden Angriff" auf das Kapitol in Washington. Auf Twitter schreibt der Bundespräsident: "Es ist das Fundament einer Demokratie, das Ergebnis von freien Wahlen zu respektieren und die friedliche Übergabe der Regierungsmacht zu gewährleisten."

Von der Leyen vertraut US-Institutionen

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen betont ihr Vertrauen in die Stärke der US-Institutionen und -Demokratie. "Eine friedliche Machtübergabe steht dabei im Zentrum", twitterte sie am Mittwochabend.

Der deutsche Außenminister Heiko Maas richtete sich hingegen direkt an Trump: "Trump und seine Unterstützer sollten endlich die Entscheidung der amerikanischen Wähler*Innen akzeptieren und aufhören, die Demokratie mit Füßen zu treten", schrieb er auf Twitter. Die Gewalt sei das Resultat "aufrührerischer Worte".

In den eigenen Reihen

Wenngleich sie anfangs ein wenig auf sich warten ließen, trudelten in der Mittwochnacht auch einige Reaktionen von Trumps empörten Parteikollegen ein. Ex-Präsident George W. Bush, der sich sonst nur selten zu Wort meldet, hat harte Kritik an den Ereignissen geübt. Es handle sich um einen "üblen und herzzerreißenden Anblick". Was in Washington vor sich gehe, gleiche "einer Bananenrepublik" und nicht "unserer demokratischen Republik". Er sei auch "abgestoßen vom Verhalten 'mancher politische Führungsfiguren' seit der Wahl".

Der Republikaner Lindsey Graham, ein Unterstützer Trumps, fand folgende deutliche Worte: Er bezeichnete die Vorfälle als im Widerspruch zur Demokratie stehend und drückte seinen Zuspruch für den künftigen US-Präsidenten Joe Biden aus.

Auch der amtierende US-Außenminister, der Republikaner Mike Pompeo, bezeichnete die Ereignisse als "inakzeptabel". Er sei in viele Länder gereist und habe sich immer für jene Menschen eingesetzt, die friedlich für ihre Sache protestieren.

Amtsenthebungsantrag

Die demokratische Abgeordnete Ilhan Omar bereitet nach eigenen Angaben einen Antrag auf Amtsenthebung gegen Trump vor. "Wir können nicht zulassen, dass er im Amt bleibt", schrieb sie auf Twitter. "Es geht darum, unsere Republik zu bewahren, und wir müssen unseren Eid erfüllen." (red, 6.1.2021)