Bild nicht mehr verfügbar.

US-Präsident Trump sieht sich mit den Konsequenzen seines Handelns konfrontiert.

Foto: Susan Walsh / REUTERS

Es sind Bilder, mit denen selbst zynische Beobachter in dieser Härte nicht gerechnet haben: Der gewaltsame Sturm von Anhängern des scheidenden US-Präsidenten Donald auf das Kapitol schockierte am Donnerstagabend nicht nur viele, er führt nun auch zu Konsequenzen an schon kaum mehr erwarteter Stelle.

Sperren

Sowohl Twitter als auch Facebook und Snapchat haben sich zu einer Sperre von Trumps Konten entschlossen – wenn auch vorerst nur temporär. Dem waren diverse Nachrichten des US-Präsidenten vorangegangen, in denen er den Angriff auf das Kapitol verharmloste. So forderte Trump seine Anhänger – mit einigen Stunden Verzögerung – zwar in einer Videobotschaft dazu auf, friedlich zu bleiben und nach Hause zu gehen, wiederholte aber weiterhin die Falschbehauptung von einem großangelegten Betrug bei den im November abgehaltenen Präsidentschaftswahlen. Zudem bezeichnet er die rechtsextremen Angreifer wörtlich als "sehr spezielle Menschen", die er "liebe".

Zunächst gab es bei Twitter nur einen Warnhinweis.

Diese Botschaft war es denn auch, die zumindest Facebook sowie Youtube schnell reagieren ließen. Beide Plattformen löschten das betreffende Video innerhalb weniger Minuten. Facebook-Vizepräsident Guy Rosen sprach anschließend in einem Tweet von einer Notfallsituation, da das Video dazu geeignet sei, weitere Gewalt auszulösen. Ähnlich argumentierte Youtube, wo man aber wie gewohnt eine Ausnahme macht, wenn der Clip in einen nachrichtlichen Kontext gestellt und kommentiert wird. Damit soll verhindert werden, dass die Berichterstattung großer Sender unabsichtlich einer Löschung zum Opfer fällt.

Der Versuch Trumps, denselben Inhalt anschließend als Text neu auf Facebook zu posten, fruchtete ebenso wenig, auch er wurde rasch mit einer Löschung geahndet.

Twitter brauchte länger

Zu diesem Zeitpunkt war man sich bei Twitter offenbar noch nicht ganz so sicher, was man tun soll. Sowohl das Video als auch weitere verharmlosende Tweets von Trump wurden zunächst lediglich mit Warnhinweisen und Einschränkungen bei der Verbreitung versehen, wie man sie bereits von früheren Vorfällen kannte. So konnten Retweets nur mehr mit Kommentar erfolgen, das "Favorisieren" war ebenso wenig möglich wie eine direkte Antwort. Auch Statistiken zur Verbreitung werden in diesem Status nicht mehr angezeigt.

Diese Art der Reaktion brachte Twitter aber umgehend zahlreiche Kritik ein. Immerhin sei es geradezu absurd, wenn man Nachrichten mit einem Hinweis versehe, dass sie potenziell zu Gewalt führen könnten, wie es der Kurznachrichtendienst tat. Wenn man so etwas wirklich befürchte, müsse man die entsprechenden Beiträge löschen, alles anderes sei verantwortungslos, so eine viel geäußerte Kritik.

Diese Meinung schien sich irgendwann auch bei Twitter durchzusetzen, also folgte mit einigen Stunden Verspätung das Ausblenden dreier Tweets des US-Präsidenten. Neben dem besagten Video ging es dabei auch um eine Nachricht, die sich direkt gegen Vizepräsident Mike Pence richtete, der nur wenige Stunden zuvor eine Unterwanderung des Wahlergebnisses öffentlich abgelehnt hatte – was wie zu erwarten Trumps Zorn zur Folge hatte.

Diese Maßnahme war es dann auch, die den nächsten Schritt auslöste: Wie Twitter mitteilte, wurde das Konto von Trump wegen der besagten Tweets gesperrt. Diese Maßnahme ist zunächst nur temporär, und zwar auf zwölf Stunden begrenzt – was allerdings nur gilt, wenn Trump die betreffenden Tweets selbst löscht. Weigert er sich, folgt eine dauerhafte Sperre.

Facebook sperrt auch

Unterdessen entschloss man sich auch bei Facebook zu einer schärferen Gangart: So wurde der Account von Trump ebenfalls temporär gesperrt – und zwar für einen Zeitraum von 24 Stunden. Dies gilt übrigens nicht nur für Facebook selbst, auch auf sein Instagram-Konto hat der US-Präsident derzeit keinen Zugriff mehr. Parallel dazu veröffentlichte das Unternehmen eine Mitteilung, in der man ankündigte, dass jegliche Beiträge, die den Sturm auf das Kapitol gutheißen oder gar unterstützen, ab sofort gelöscht würden. Facebook-Chef Mark Zuckerberg sendete zusätzlich noch ein Memo an die eigenen Mitarbeiter, in dem er von einer "dunklen Stunde" in der Geschichte der USA sprach, auf die man entsprechend reagieren müsse.

Ebenfalls gesperrt wurde mittlerweile das Snapchat-Konto von Trump – wie lange diese Maßnahme aufrechterhalten wird, ist in diesem Fall aber unklar. Es ist auch nicht das erste Mal, dass Snapchat mit einer solchen Maßnahme reagiert: Schon vor einigen Monaten wurde der Account des US-Präsidenten kurzfristig stillgelegt. Snapchat-Gründer Evan Spiegel warf Trump damals wörtlich vor, rassistische Gewalt auszulösen – dies könne man nicht befördern.

Offene Fragen

All diese Maßnahmen werfen aber natürlich wiederum weitere Fragen auf. Allen voran: Wieso werden die Konten von Trump nicht gleich komplett gesperrt? Bisher scheint sich jedenfalls keines der großen Unternehmen zu einer endgültigen Sperre durchringen zu können. Das könnte sich allerdings schon bald ändern, immerhin naht das Ende der Amtszeit von Trump. Und damit verliert er etwa auf Twitter den speziellen Schutz, dem man seinem Account mit dem Hinweis auf die zeitgeschichtliche Relevanz bisher hat zuteil werden lassen. Angesichts der aktuellen Situation erscheint eine baldige Sperre von Trumps Twitter-Konto nach dem 20. Jänner also als ziemlich wahrscheinlich. (Andreas Proschofsky, 7.1.2021)