Jake Angeli, auch bekannt als "Q Shaman" und bekannter Anhänger der QAnon-Verschwörungstheorie, ist ein Sündenbock der Trump-Anhänger.

Foto: AFP/Win McNamee

Schon wenige Stunden nach Bekanntwerden der gewaltsamen Stürmung des Kapitols in der US-Hauptstadt Washington begannen Unterstützer von Präsident Trump mit der Verbreitung der haltlosen Verschwörungserzählung, getarnte Antifa-Aktivisten hätten das Chaos zu verantworten. Mit der Unterstützung vonseiten mehrerer Politiker der Republikanischen Partei verbreiten sich die Gerüchte in der Folge rasant auf den Kurznachrichtendiensten Twitter und Parler.

Schnell stiegen auch Vertreter der Republikanischen Partei in die Verbreitung der Gerüchte ein – angefangen bei Paul Gosar, Mitglied des Repräsentantenhauses für die Republikaner. "Das trägt alle Markenzeichen einer Antifa-Provokation", schreibt er auf Twitter und bezieht sich auf einen Beitrag von Trump-Supporter Michael Coudrey, dessen Account inzwischen gesperrt wurde.

Haltlose Vorwürfe

Am wahrscheinlich elaboriertesten ist jedoch der Beitrag des republikanischen Kongressabgeordneten Matt Gaetz, der im Rahmen einer Rede im US-Repräsentantenhaus davon spricht, überzeugende Beweise für die Beteiligung von Antifa-Aktivisten zu haben. Diese will er von einer Gesichtserkennungsfirma erhalten haben, laut der diese sich als Trump-Supporter verkleidet haben sollen, um das Kapitol zu stürmen. Beweise für seine Anschuldigungen gibt es nicht.

Dies lässt sich grundsätzlich über die gesamten Behauptungen einer Infiltration der randalierenden Trump-Fans sagen. Während zwar noch nicht alles über den Sturm aufs Kapitol bekannt ist, gibt es derzeit keinerlei Hinweise darauf, dass sich Antifa-Aktivisten unter die Meute gemischt haben könnten. Stattdessen wurden mehrere prominente Trump-Unterstützer und Anhänger der QAnon-Verschwörung gesichtet.

Einer der prominentesten: Rick Saccone, ehemaliges Mitglied des Repräsentantenhauses für Pennsylvania, der ein Foto von sich auf Facebook postete, auf dem er inmitten des Geschehens zu sehen ist. Die Überschrift: "Wir stürmen das Kapitol. Unsere Vorhut hat die Barrikaden durchbrochen. Seid ihr dabei?"

Der "Q Shaman"

Auf etlichen Fotos ist außerdem der bekannte QAnon-Anhänger Jake Angeli aus Arizona zu sehen. Auch bekannt als der "Q Shaman", posiert er oberkörperfrei und mit gehörntem, pelzigem Kopfschmuck – und wird von einigen Trump-Supportern nun als Teil der Black-Lives-Matter-Bewegung bezeichnet. Dabei gilt er schon seit langem als treuer, bekannter Trump-Anhänger.

Außerdem häufig geteilt: Fotos des bekannten Rechtsextremen Jason Tankersley, der beschuldigt wird, eigentlich ein Antifa-Aktivist zu sein. Verbreitet wurde diese Behauptung von Lin Wood, einem rechtsextremen Verschwörungserzähler und Trump-Befürworter. Dieser teilte ein Foto von Tankersley im Kapitol und verglich dieses mit dem Screenshot eines weiteren Bildes, das auf der Webseite "phillyantifa.org" gepostet wurde. Dies soll Beweis für seine Rolle in der antifaschistischen Bewegung sein.

Warnung vor Rechtsextremen

In Wahrheit wird auf der gezeigten Webseite allerdings vor lokalen Rechtsextremen und Neonazis gewarnt, die Betreiber veröffentlichen lediglich deren Namen und Fotos. Zudem hat sich Tankersley mit dem einschlägig bekannten Neonazi Matthew Heimbach ablichten lassen, ein weiterer Beweis dafür, dass er mit antifaschistischen Inhalten eher nichts am Hut hat. Über Tankersley wurde außerdem die klar widerlegte Behauptung aufgestellt, ein Tattoo zu tragen, auf dem Hammer und Sichel zu sehen seien. Es stellte sich heraus, dass dieses viel eher ein Symbol aus dem Videospiel "Dishonored" ist.

Der Versuch, die Schuld an Unruhen in den USA der antifaschistischen Bewegung zuzuschieben, hat sich unter Anhängern des scheidenden Präsidenten Trump schon vor einiger Zeit etabliert. Auch Trump selbst greift "die Antifa" immer wieder in Reden und Twitter-Beiträgen an und beschuldigt sie der Gewalttätigkeit. Abgesehen davon handelt es sich bei der Antifa nicht um eine geschlossene Organisation, sondern eher um eine lose Beschreibung einer antifaschistischen Ideologie.

Privilegien mit Ablaufdatum

Während ein Teil von Trumps Anhängerschaft auch diese Verschwörungserzählung unterstützen wird, zeigt sich auf sozialen Netzwerken deutlicher Widerstand. Twitter, Facebook und Snapchat sperrten die Konten des US-Präsidenten vorläufig, und mehrere seiner prominentesten Unterstützer verloren offensichtlich den Zugang zu ihren Twitter-Accounts.

Diese Entwicklung dürfte sich nach der Amtsübernahme durch Joe Biden für die rechtsradikale Bewegung weiter verschärfen. Denn wie Twitter bereits ankündigte, verliert Trump mit dem Ende seiner Amtszeit auch die Sonderprivilegien auf der Plattform. (Mickey Manakas, 07.01.2021)