Kurier-Digital-Geschäftsführer Martin Gaiger rechnet nicht damit, dass alle großen österreichischen Medienhäuser Ende 2021 noch dieselben Eigentümer haben. Und er "hofft" auf ein Ende des "Krone"-Gesellschafterstreits.

Foto: Franz Helmreich Illustration: Armin Karner

Die Prognose von Martin Gaiger (kurier.at)

Was erwarten Sie 2021 für Österreichs Medienbranche? Was sind Ihre Hoffnungen und Wünsche, was Ihre Befürchtungen? derStandard.at/Etat hat Medienmanagerinnen und -manager, Journalistinnen und Journalisten sowie Expertinnen und Experten aus Österreichs Medien- und Kommunikationsbranche und -wissenschaft mit einem Online-Fragebogen um ihre Beiträge gebeten. Sie konnten wählen, ob sie namentlich antworten, wenn wir sie zitieren dürfen, oder anonym. Die namentlich beantworteten Fragebögen veröffentlichen wir in diesen Tagen.

"Volle Verantwortung der Social-Media-Kanäle für Inhalte"

Hier die Prognosen von Martin Gaiger (kurier.at):

Was kommt 2021 auf die Medienbranche zu? Bitte verraten Sie uns Ihre Erwartungen über Entwicklungen, Herausforderungen etc.!

"Die digitale Mediennutzung wird dynamisch wachsen und noch mobiler werden. Die Besuchshäufigkeit wächst, aber die Länge der Besuchszeiten sinkt. On Demand löst zunehmend TV ab, das aber für Live-Events wichtig bleibt. Podcasts und Streamingdienste verändern die Radionutzung nur minimal. Social Media verliert weiter an Glaubwürdigkeit. Starke Medienmarken gewinnen kombiniert (traditionell und digital) an Bedeutung."

Was sollte 2021 (aus Ihrer Sicht auf die Medienbranche) geschehen? Bitte verraten Sie uns Ihre Hoffnungen (und warum Sie darauf hoffen)!

"Vollbesteuerung der digitalen 'Großmächte' und Verwendung dieser Gelder zur Innovationsförderung österreichischer Medienprojekt. Volle Verantwortung der Social-Media-Kanäle für dort publizierte Inhalte."

Wie werden sich Covid-19, die Pandemie und die Maßnahmen dagegen auf die Medienbranche auswirken – 2021 und, wenn Sie das erwarten, auch in den Jahren danach?

"Mehr digitale Mediennutzung."

Neue Eigentumsverhältnisse, weniger Medien bis Ende 2021

Weitere Prognosen Gaigers zu unseren Detailfragen im Überblick:

  • Gaiger erwartet Veränderungen in den Eigentumsverhältnissen der 15 größten Medienhäuser bis Ende 2021, ohne das zu präzisieren. Ebenso rechnet er ohne Präzisierung damit, dass es Ende des Jahres nicht mehr alle heute erscheinenden (relevanten) Medien geben wird. Er erwartet auch neue Medien/medienrelevante Plattformen in diesem Jahr.
  • Der schon zwei Jahrzehnte dauernde erbitterte Streit zwischen den Eigentümern der "Kronen Zeitung" über das Sagen und die Gewinne bei Österreichs größter Zeitung "sollte" nach Ansicht Gaigers 2021 mit einer neuen Regelung beendet werden. An "Kurier" wie "Krone" sind Funke-Gruppe / René Benko beteiligt, die beiden Zeitungen haben in der Mediaprint einen gemeinsamen Verlag.
  • Der Kurier-Digital-Geschäftsführer rechnet 2021 mit einer Digitalnovelle, die bestehende Online-Beschränkungen für den ORF lockert. Und was bekommt die übrige Medienbranche Ihren Erwartungen zufolge, wenn die Onlineregeln für den ORF deutlich gelockert werden? Gaiger: "Weniger Werbeeinnahmen."
  • "Bitte nicht", sagt Gaiger zu einer Haushaltsabgabe für den ORF oder einer Erweiterung der GIS auf Streamingnutzung.
  • Gaiger erwartet, dass die Teilnahme an Branchenselbstkontrolle wie dem Presserat eine Bedingung für Medienförderung wird. Er befürwortet Qualitätskriterien für Medienförderungen und öffentliche Werbebuchungen sowie weitere Corona-Medienförderung und die geplante Digitalförderung.
  • Österreich wird sich nach Ansicht Gaigers im Ranking der Pressefreiheit 2021 von Reporter ohne Grenzen gegenüber dem Vorjahr (Platz 18) verbessern.
  • Seine Prognose für den journalistischen Arbeitsmarkt: "Schwierig. Der Markt wird eng. Es braucht mehr Flexibilität und Wirtschaftlichkeit."
  • Seine Empfehlungen zur Frage nach zunehmenden Angriffen auf Journalistinnen und Journalisten: "Fake-News und Hate in Social Media strafbar machen und eine massive Image- und Informationskampagne der Medien über alle eigenen Medienangebote, aber vor allem auch in Social-Media-Kanälen, kombiniert mit Bildungs- und Informationsinitiativen in Schulen, wären ratsam."

(Harald Fidler, Daniela Yeoh, 8.1.2021)