Der sogenannte Tanktourismus ist den Grünen ein Dorn im Auge.

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Wien – Eine "herbe Enttäuschung" nannte Leonore Gewessler (Grüne) im November 2019 den überarbeiteten Entwurf des nationalen Energie- und Klimaplans. Zwei Monate später, als frisch ernannte Klimaschutzministerin, kündigte sie eine unmittelbare Nachbesserung des Fahrplans an – was bisher noch nicht geschehen ist. Wie aus einer aktuellen Anfragebeantwortung Gewesslers hervorgeht, kann sich die Regierung damit noch viel Zeit lassen. Erst bis Juni 2023 müssen EU-Staaten die Entwürfe ihrer überarbeiteten Klimapläne nach Brüssel schicken. Die finale Version muss gar erst ein Jahr später abgeschickt werden. Eine frühere Fertigstellung sei allerdings nicht ausgeschlossen, heißt es in der Anfragebeantwortung.

Druck bekommen die Grünen nun von der Opposition: Die Überarbeitung müsse "so rasch wie möglich" geschehen, sagte SPÖ-Klimasprecherin Julia Herr, die die Anfrage eingebracht hat. Sie kritisiert, dass nach einem Jahr türkis-grüner Regierung nach wie vor kein konkreter Plan zur Emissionsreduktion vorliege und auch die Darstellung einer möglichen Finanzierung fehle.

"Zweifellos zu wenige Maßnahmen"

Hier pflichtet die Ministerin der SPÖ-Abgeordneten bei. Das Finanzierungskapitel im Klimaplan sei nachzubessern. So sei etwa nicht klar, wie der öffentliche Förderungsbedarf auf einzelne Gebietskörperschaften aufgeteilt werden soll. Darüber hinaus fand Gewessler in der Anfragebeantwortung kritische Worte für den Koalitionspartner: Modellrechnungen hätten gezeigt, dass die bisher geplanten Klimaziele durch die von der vorangegangenen Regierung gesetzten Schritte nicht zu erreichen seien. Im Verkehrssektor wurden laut der Ministerin "zweifellos zu wenige Maßnahmen" ergriffen. Durch die geplante Steigerung der E-Mobilität sowie durch den Öffi-Ausbau ließen sich Emissionen zwar senken, aber "nicht so sehr, wie es nötig ist".

Einen wesentlichen Grund dafür ortet Gewessler in der Preisdifferenz bei Kraftstoffen zwischen Österreich und seinen Nachbarländern. Das trifft vor allem auf Diesel zu: Dieser ist in 20 von 27 EU-Staaten teurer als hierzulande, wie der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) am Donnerstag vorrechnete. Diesel wurde laut VCÖ im Vorjahr mit knapp 600 Millionen Euro steuerlich begünstigt. Die gesamten Einnahmen durch die Mineralölsteuer machten zwischen Jänner und November 2020 rund 3,33 Milliarden Euro aus.

Sollte Österreich seine Klimaziele verfehlen, könnten auf der Kostenseite laut Klimaministerium bis 2030 Zertifikatszukäufe in der Höhe von sechs bis sieben Milliarden Euro anfallen. Welchen Effekt die Abschaffung des Dieselprivilegs – und der damit reduzierte Tanktourismus – auf die Zukäufe haben könnte, sei schwer zu prognostizieren, heißt es im Ministerium. (lauf, 8.1.2021)