Sehr prekär: Für Christoph Haider ist die Lage der Branche mit dürren Worten beschrieben. In seinem 450 Quadratmeter großen Fitnessstudio Fitfam in Amstetten ist von schweißtreibender Körperertüchtigung nichts zu sehen. Worauf er sich einstellt, ab wann es weitergehen könnte? "Ich habe nicht die geringste Idee", so Haider, der sein Unternehmen just vor dem ersten Lockdown neu eröffnet hat.

Auch wenn die Pandemie die erste Phase ordentlich durchkreuzte, bleibt Haider bei seinem Plan: Er will einen Dienstleister rund um Fitness und Gesundheit aufbauen – auch eine Physiotherapeutin ist bei Fitfam am Werken. Dass jetzt "in der Hochsaison, die im September beginnt und bis Ende März dauert", alles stillstehe, sei eine Katastrophe.

Mitgliederschwund

Vielen Kollegen und Kolleginnen dürfte die Luft ausgehen, ist Haider überzeugt. Anders als bei ihm, der seine Kunden persönlich kennt – und diese auch deswegen nicht gleich die Mitgliedschaft an den Nagel hängen –, würden anderswo viele abspringen. In Zeiten, in denen man ohnehin nicht an die Trainingsgeräte darf, können und wollen sich viele den Beitrag nicht leisten.

Bewegung sollte gerade auch im Lockdown sein.
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Laut dem Marktforschungsinstitut Branchenradar rollt auf die Branche eine Pleitewelle zu. Zwar sei 2020 die Zahl der registrierten Mitglieder vergleichsweise moderat um sieben Prozent auf rund 600.000 geschrumpft, in den Kassen der Betriebe hätte der Ausfall von Mitgliedsbeiträgen drastische Löcher hinterlassen. Der Umsatz sank um gut 18 Prozent auf 198 Millionen Euro. In dieser Rechnung nicht erfasst: Viele Studios hätten ihren Kunden nicht konsumierbare Trainingseinheiten gutgeschrieben. Das dicke Ende kommt daher wohl noch.

"Die Branche ist vermutlich stärker betroffen als die Gastronomie", sagt Ernst Minar, Chef der Luxusfitnesskette John Harris. Wann wieder geöffnet werden darf, steht in den Sternen. Selbst wenn man wieder aufsperren dürfe, würden die Mitglieder kurzfristig kaum so rasch zurückkehren. Eine Mehrwertsteuersenkung, wie sie Finanzminister Gernot Blümel Gastronomie und Kulturbranche zuteilwerden ließ, hielte er auch für die Fitnessbranche angezeigt. Nicht nur als Unterstützung für die Betriebe: "Es geht um die Gesundheit", so Minar. Das sieht auch Branchensprecher Christian Hörl so und warnt vor "erheblichen gesundheitlichen Langzeitfolgen".

In der Not haben sich viele wohl daheim mit entsprechendem Gerät ausgerüstet oder turnen im Park.
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Auch die wirtschaftlichen dürften nicht unerheblich sein. Branchenradar rechnet heuer mit einem erneuten Umsatzeinbruch im Ausmaß von rund einem Viertel und auf 152 Millionen sinkenden Markterlösen. Diesen Aderlass würden viele Studios nicht überleben, prophezeien die Marktforscher. Gerhard Weinhofer vom Gläubigerschutzverband Creditreform unterschreibt das und spricht von einer "einer großen Gefährdung in der Branche", auch wenn sich das noch nicht in harten Zahlen niederschlägt. Noch halten Hilfen wie Umsatzersatz und Fixkostenzuschuss die Betriebe über Wasser. Wie es mit alldem weitergeht, mit der Öffnung, mit den Mitarbeitern? "Ich weiß es nicht", seufzt John-Harrys-Chef Minar.

Marktkonzentration

Im Corona-Jahr stagnierte die Anzahl der Studios laut Branchenradar bei 580 Standorten. Heuer rechnet man mit einem Rückgang um knapp 14 Prozent, 2022 um acht Prozent – auf dann 460 Standorte. "Mangels politischer Konzepte steht eine ganze Branche vor dem Aus", klagt Branchensprecher Hörl und fordert ein gleichzeitiges Aufsperren mit der Gastronomie. Marktforscher Branchenradar ortet immerhin einen Vorteil aus der erwarteten Marktkonzentration: Zumindest würden Preisvergleiche einfacher. (rebu, 8.1.2021)