Foto: Epa/Schaff

Knapp vier Jahre lang trennte Michael Richard Pence nur ein Herzschlag vom Oval Office. Die Rolle des Vizepräsidenten der Vereinigten Staaten ist über weite Strecken eine unscheinbare, machtlose und zeremonielle. Doch nun, wenige Tage vor dem Ende seiner Amtszeit als Beiwagerl von POTUS Donald Trump, könnte vielleicht die Stunde des 61-Jährigen schlagen: Im Falle einer Amtsenthebung des Präsidenten gemäß Absatz 4 des 25. Verfassungszusatzes würde Mike Pence seinem Chef im Amt nachfolgen und wäre der 46. Präsident der Vereinigten Staaten – bis zum 20. Jänner, wenn Joe Biden planmäßig ins Weiße Haus einzieht.

Pence wurde 1959 in Columbus im Bundesstaat Indiana als eines von sechs Kindern eines Tankstellenbesitzers geboren. Sein Großvater war via Ellis Island aus Irland eingewandert und hatte in Chicago als Busfahrer gearbeitet. 1985 heiratete Pence die um zwei Jahre ältere Karen Sue Batten. Diese hatte er zwei Jahre zuvor in einer Kirche in Indianapolis kennengelernt, wo sie bei einer Messe für die musikalische Begleitung sorgte. Obwohl er ursprünglich Priester werden wollte, hat Pence seine irisch-katholischen Wurzeln hinter sich gelassen. Gemeinsam mit seiner Frau, mit der er drei Kinder hat, konvertierte er zum Leidwesen seiner Mutter zur evangelikalen Grace Evangelical Church.

Moderator

Auch seine politische Heimat wechselte Pence: Zunächst den Demokraten zugetan – 1980 stimmte er noch für Jimmy Carter –, wandte er sich während seines Jusstudiums beeinflusst von der Politik Ronald Reagans den Republikanern zu. Ab Mitte der 1980er-Jahre kandidierte Pence für das Repräsentantenhaus, zunächst jedoch erfolglos. Nach einer Karriere als Anwalt und als Moderator einer Talkshow (The Mike Pence Show) konnte er schließlich im Jahr 2000 doch noch ein Mandat erobern. 2013 wurde er Gouverneur von Indiana. Für dieses Amt wollte er eigentlich erneut kandidieren, doch er folgte dem Ruf Trumps und ließ sich 2016 als dessen Vize für den Präsidentschaftswahlkampf aufstellen. Trump sicherte er so die wichtigen Wählerstimmen der Evangelikalen.

Nun sollte Pence bei der Auszählung der Wahlmännerstimmen im Kongress Trump das Präsidentenamt sichern – als nomineller Senatsvorsitzender leitete Pence die Sitzung. Doch Trumps Hoffnungen auf seine letzte Chance wurden enttäuscht: Sein Vize bekannte sich zur Verfassung und lehnte eine Aushebelung des Wahlergebnisses ab. (Michael Vosatka, 7.1.2020)