Nicht verzweifeln! Es kann sich nur noch um Wochen handeln. Ob der Unterricht an den Schulen wie geplant am 18. Jänner losgehen soll, bleibt bis auf weiteres offen.

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Gleich vorweg: Wer sich erhofft, in diesem Artikel ein konkretes Datum für das Ende des Schul-Lockdowns serviert zu bekommen, wird enttäuscht werden. Es mehren sich jedoch die Anzeichen, in welche Richtung es in den kommenden Wochen gehen könnte. Laut aktuellem Verordnungsstand sollen Kinder und Jugendliche ja ab 18. Jänner wieder vor Ort in den Schulen lernen. Das wird Bildungsminister Heinz Faßmann nicht müde zu betonen, auch wenn andere in der ÖVP, etwa Klubobmann August Wöginger, das anders sehen. Zusatz hier wie da – und zwar in Form einer durchaus nachvollziehbaren Ergänzung: Es kommt auf das Infektionsgeschehen an.

An dieser Front sieht es allerdings nicht so gut aus. Hinzu kommt als neue Unbekannte die zunächst in Großbritannien nachgewiesene Virusmutation. Die These, dass sich Kinder und Jugendliche weniger häufig anstecken würden als der Rest der Bevölkerung, lässt sich aber auch ohne die neue Virusvariante nicht mehr aufrechterhalten – zuletzt etwa nachgewiesen in einer Studie des Mikrobiologen Michael Wagner von der Universität Wien. Trotzdem steht bis dato noch nicht einmal der Zeitplan dafür fest, bis wann die Entscheidung über das weitere Vorgehen an den Schulen fallen soll.

14 Prozent in Betreuung

In der Zwischenzeit haben am Donnerstag rund eine Million Schülerinnen und Schüler den Fernunterricht wiederaufgenommen. Andere sind bereits wieder vor Ort – etwa Kinder und Jugendliche in den Sonderschulen oder Deutschförderklassen. Zudem haben laut aktuellen Daten aus den Bildungsdirektionen 14 Prozent der Eltern von Pflichtschülerinnen und Pflichtschülern Betreuungsbedarf für ihre Kinder angemeldet. Ein Durchschnittswert, der stark nach Schulform (Volksschulen: 22 Prozent, Mittelschulen: acht Prozent, AHS-Unterstufe: drei Prozent) variiert, aber auch von Standort zu Standort. Während manche Schulen auf Nachfrage von fast vollen Klassen berichten, macht sich bei anderen gähnende Leere breit.

Ein Blick über die Grenzen: In Deutschland bleiben die Schulen, mit den bekannten Ausnahmen, jedenfalls bis Ende Jänner geschlossen. In Großbritannien soll überhaupt erst Mitte Februar wieder aufgesperrt werden – auch im Bildungsbereich. In Österreich hält Minister Faßmann vorerst trotzdem am Plan fest, dass ab 18. Jänner wieder alle vor Ort lernen sollen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass er damit in der Regierung wieder weitgehend allein bleibt. Ob dann eventuell regional unterschiedliche Modelle, abhängig vom Infektionsgeschehen vor Ort, zum Einsatz kommen könnten? Abwarten.

Die von Faßmann angekündigten neuen Schnelltests sollten jedenfalls ab Mitte/Ende Jänner an den Schulen einsatzbereit sein. Nähere Details waren dazu vorerst nicht zu erfahren. Gleiches gilt für eine mögliche Testpflicht für Pädagoginnen und Pädagogen. Fest steht: Über das Dienstrecht lässt sich das nicht lösen. Bleibt der Verordnungsweg, den entweder Bildungs- oder Gesundheitsressort bestreiten müssten. Die große Mehrheit der Lehrkräfte war bei der ersten Testrunde zwar ohnehin freiwillig angetreten. Offen blieben mögliche Konsequenzen für Verweigerer. So war damals etwa das verpflichtende Tragen von FFP2-Masken angedacht.

Erste Zahlen gibt es zu der gemeinsam mit Caritas, Diakonie und Jugendrotkreuz umgesetzten Lernhilfeaktion: 1600 Schülerinnen und Schüler haben bereits online einen Gutschein für Gratisnachhilfestunden beantragt. Die Stunden können einzeln oder in Gruppen eingelöst werden, off- wie online.

Zeit für Neues

Geht es nach Bildungswissenschafter Michael Schratz, sollten Notendruck und Nachhilfe sowieso Platz machen für ein neues Verständnis von Lernen: "Können wir nicht einmal grundsätzlich nachdenken, wozu Schule heute da ist?", fragt der Sprecher der Jury des deutschen Schulpreises. Würde die Überprüfung von Leistungen so verstanden werden, dass die Schülerinnen oder Schüler zeigen, was sie alles könnten, ließe sich etwa mittels Portfolioarbeiten "viel differenzierter" feststellen, wo individuelle Stärken und Schwächen liegen. Abgesehen davon: "Dabei lernen die jungen Leute jenes selbstständige Arbeiten, das gerade jetzt so zentral ist." Die Gelegenheit sei günstig, glaubt der Experte, denn an großen Visionen werde selten ohne Anlass im gewohnten Alltag gearbeitet. Hier könnte Corona etwas in Gang setzen: "Die Grundidee des Distance-Learning ist ja nicht, online 30 Schülerinnen und Schüler gleichzeitig zu unterrichten." Da brauche es nachhaltigere Konzepte, glaubt Schratz. (Karin Riss, 8.1.2021)