Für das erste Quartal soll Österreich 200.000 Dosen von Moderna bekommen, der Impfstoff wurde am Mittwoch für die EU zugelassen

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Wann wird die ältere Bevölkerung, die nicht in einem Pensionisten- oder Pflegewohnheim lebt, gegen das Coronavirus geimpft? Die Frage sorgt in Österreich seit Tagen für Unmut in der Bevölkerung und auch für Querelen in der Politik.

Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) gab am Donnerstag eine überraschende Antwort: Menschen ab 80 Jahren, die zu Hause leben, sollen nun doch schon früher an der Reihe sein. Der Kanzler reagierte damit auf die Kritik, dass zigtausende bereits in Österreich lagernde Impfstoffdosen noch nicht verabreicht wurden.

Gemeinden und Hausärzte

Denn das neue Vorgehen der Regierung sieht nun umfassende Änderungen im Vergleich zum ursprünglichen Plan vor: Schon in der ersten Phase werden auch Risikogruppen, insbesondere ältere Menschen, geimpft. Das bedeutet, dass auch über 80-Jährige und andere Risikogruppen mit Vorerkrankungen, die nicht in Heimen leben, bereits im Jänner Zugang zu Impfungen erhalten sollen. Wie genau die Generation der über 80-Jährigen nun schon im Jänner an ihre Spritzen kommt, ist noch nicht klar. Man arbeite gerade am logistischen Konzept, sagte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) dazu: Hausärzte und Gemeinden würden jedenfalls eine Rolle spielen, erklärte er recht vage. Laut Bundeskanzleramt wird es "Impfstraßen in den Gemeinden" geben.

Lieferungen über den Pharmagroßhandel sollten zudem künftig nicht mehr sechs Werktage dauern, sondern innerhalb von 48 Stunden geschehen. Alle Impfdosen, die von den Pflegeheimen nicht über den E-Shop des Gesundheitsministeriums abgerufen werden, werden den Ländern übergeben, um sie flexibel einsetzen zu können.

In den nächsten Monaten soll es dann zu einer Verteilung des Impfstoffes nach dem Alter kommen – bis zu den über 65-Jährigen.

Beschleunigung nach Kritik

Die Ankündigung des Kanzlers weicht nicht unwesentlich vom Impfplan des Gesundheitsministeriums ab. Geplant war, dass in der ersten Impfphase nur die Bewohner und Mitarbeiter von Pflege- und Pensionistenwohnheimen sowie besonders betroffenes Gesundheitspersonal drankommen. Erst für die nächste Phase, sie sollte im Laufe des Februars starten, wären ältere Personen, die zu Hause leben, vorgesehen gewesen.

Über die Gründe der nun paktierten Beschleunigung gehen die Darstellungen der Koalitionsparteien auseinander, das zeigte sich auch bei einer Pressekonferenz mit Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) und Gesundheitsminister Anschober am Donnerstag.Die türkise Regierungsvertreterin dankte ihrem Parteikollegen Kurz dafür, die Vorverlegung des Impfstarts "angeordnet" zu haben. Anschober erklärte hingegen, in der Regierung gebe es "ein wirkliches Teamwork", man überlege alles gemeinsam und lasse sich "nicht auseinanderdividieren".

Keine Konsequenzen in Gesundheitsministerium

Bis Ende dieser Woche sollen insgesamt 30.000 Menschen in Österreich ihre erste Teilimpfung erhalten haben, dazu fehlen noch rund 20.000. Für kommenden Montag – den ursprünglich avisierten Start der großflächigen Impfungen in Heimen – gibt es weitere 30.000 Anmeldungen.

Vom ersten in der EU zugelassenen Impfstoff von Biontech/Pfizer werden derzeit rund 61.000 Dosen pro Woche nach Österreich geliefert, insgesamt soll es im ersten Quartal knapp eine Million sein. Zudem wurde am Mittwoch der Impfstoff von Moderna in der EU zugelassen, davon erwartet Österreich im ersten Quartal 200.000 Impfdosen, für das zweite Quartal 690.000. Der dritte Impfstoff der Firma Astra Zeneca könnte Anfang Februar von der europäischen Arzneimittelbehörde zugelassen werden.

Der Sonderbeauftragte des Gesundheitsministeriums, Clemens Martin Auer, sagte, die Liefermengen hätten nichts mit europäischen Fehlern bei der Bestellung zu tun, sondern allein mit den begrenzten Produktionskapazitäten der Herstellerfirmen. Gerüchte, wonach wegen des lahmen Impfstarts Auers Ablöse im Raum stehe, dementierte der Gesundheitsminister entschieden: "Es gibt null Notwendigkeit für personelle Konsequenzen."

Zu viele Dosen

Zu einer Panne bei der Impfstoffauslieferung kam es diese Woche in Wien. Ein Floridsdorfer Pensionistenwohnheim erhielt für seine rund 120 Bewohner eine Lieferung von mehreren Hundert Impfdosen, die eigentlich für die Klinik Favoriten vorgesehen waren. Entsprechende Medienberichte bestätigte ein Sprecher von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ). Geimpft wurden die Bewohner, der Rest der Dosen ging an Mitarbeiter der Priorität eins aus anderen Pflegeeinrichtungen und Kliniken des Wiener Gesundheitsverbundes. (ook, ta, völ, 8.1.2021)