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Wien – Es sind schwere Vorwürfe, die der Plagiatsgutachter Stefan Weber in seinem Blog gegen Arbeits- und Familienministerin Christine Aschbacher (ÖVP) erhebt. Ihre Diplomarbeit aus dem Jahre 2006 sei eine "wissenschaftliche Katastrophe", Aschbachers Formulierungen seien vielerorts sinnlos und von groben sprachlichen Fehlern durchsetzt. Zudem ortet Weber Textstellen, die ohne korrekte Zitierung aus anderen Quellen übernommen worden seien – also Plagiate.

Dem STANDARD liegt die Diplomarbeit vor, mit der die damals 22-jährige Christine Kowald – so hieß Aschbacher vor ihrer Heirat – ihren Magistertitel an der Fachhochschule Wiener Neustadt erwarb. Die Arbeit mit dem Titel "Kompetenzen im Vertrieb – Anforderungen im Key Account Management" wurde im Studiengang "Wirtschaftsberatende Berufe" eingereicht und umfasst rund 140 Seiten.

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Tatsächlich fördert schon eine kursorische Lektüre der Arbeit allerhand holprige Einlassungen zutage.

Passage aus der Einleitung der Arbeit.

Studienrechtlich schwerer dürfte aber wohl Webers Vorwurf wiegen, dass Aschbacher ihre Hypothesen sowie längere Passagen plagiiert habe, indem sie ganze Absätze wortgleich aus fremden Quellen übernommen habe. Auch in jüngster Zeit habe Aschbacher bei ihrem 2020 eingereichten Exposé für eine Doktorarbeit an der Technischen Universität Bratislava massiv abgekupfert, befindet der Plagiatsjäger. Am 26. August vergangenen Jahres – also während sie bereits Ministerin war – verteidigte Aschbacher ihre Dissertation im Fach Industriemanagement offenbar erfolgreich in der Slowakei.

Auszug aus der Conclusio der Diplomarbeit. Die färbigen Stellen sind laut Plagiatsjäger Weber abgekupfert.
Foto: Blog Stefan Weber

Auf Anfrage heißt es von ihrem Pressesprecher, man habe auch erst Donnerstagabend von der Kritik erfahren und müsse sich das noch ansehen. Aschbacher habe ihre Diplomarbeit 2006 jedenfalls "nach bestem Wissen und Gewissen" verfasst. Sie habe dafür sogar die Note "Sehr gut" bekommen.

Wie das sein kann, wollte der STANDARD vom damaligen Betreuer der Arbeit erfahren– einem Unternehmensberater, Buchautor und FH-Professor mit Schwerpunkt Marketing und Vertrieb. Er war jedoch am Freitag nicht erreichbar. Die Leitung der Fachhochschule Wiener Neustadt schrieb dem STANDARD zu Mittag in einer Stellungnahme, man werde die Vorwürfe prüfen, "die Tatsachen beurteilen und, wenn erforderlich, Maßnahmen ergreifen."

Ein Ratgeberbuch Aschbachers aus dem Jahr 2010 zum Thema der Diplomarbeit – Key Account Management – ist übrigens zum stolzen Preis von 50 Euro online erhältlich. (Theo Anders, 8.1.2021)