Die Taube ist vielleicht der köstlichste aller Vögel. Sie gehört, wie die Weiße Trüffel, für mich zu jener elitären Gruppe an Zutaten, die in der Lage ist, ihre Esser ekstatisch zu verzücken.

Ihr Fleisch ist schmeichelnd zart und trotzdem saftig, mit einem kräftigen, eleganten Geschmack von Wild samt zarten Leberanklängen in der Brust. Eine frisch gebratene Taube mit den Fingern zu essen, erst in die knusprige Haut, dann in die köstliche Brust zu beißen, sodass einem der Saft über die Hände rinnt, gehört zu den großen kulinarischen Freuden dieser Welt.

Das vielleicht Allerbeste ist, dass diese Zubereitung auch noch so unglaublich einfach ist: halbieren, ein wenig voraussalzen, dann ordentlich, aber nicht zu lange Hitze geben, das war's.

Meine Taubenliebe hat vor ein paar Jahren in Guangzhou begonnen, wo die Taube zum unverzichtbaren Standardrepertoire der Küche gehört: Sie wird, ähnlich wie die Pekingente, rundum unglaublich knusprig gebraten und bleibt, obwohl sie ganz chinesisch ganz durch ist, trotzdem noch erstaunlich saftig.

Die neu entfachte Taubenliebe verdanke ich dem Gerhard Methagl. Der züchtet auf seinem Taubenhof im schönen Deutsch Tschantschendorf im Südburgenland als Einziger im ganzen deutschsprachigen Raum (!) professionell Speisetauben, und zwar äußerst glückliche und entsprechend ganz hervorragende.

Foto: © Inge Prader

Neben ganz klassischen Tauben hat er auch Bluttauben im Programm. Die Tiere werden nach dem Schlachten dafür nicht ausgeblutet, soll sie saftiger machen. (Dafür muss man sie mit der Hand rupfen, weil sie mit dem intakten Kopf nicht in die Rupfmaschine passen, was sie teurer macht.) Und wen das interessiert, für den schlachtet er auch etwas ältere Tiere. Die Idee dahinter ist, dass sie, so wie auch Kühe, mit dem Alter mehr Geschmack entwickeln. (Der Nachteil ist der, dass Tauben normalerweise geschlachtet werden, wenn sie gerade flügge geworden sind, ihre Flügel daher noch kaum beansprucht haben und also die Brust zarter ist.)

Foto: Tobias Müller

Es ist extrem schade, dass der Gerhard so allein auf weiter Flur ist. Tauben, die bei uns verkauft werden, sind meist Importware aus Frankreich und selten aus so guter Haltung. Das war bei weitem nicht immer so: Einst war die Taube eine Art Armeleuteessen, meint Gerhard. Überall dort, wo Korn angebaut wurde – sei es Kukuruz, Weizen oder Hirse –, stand meist auch ein Taubenkobel am Hof. Die genügsamen Tiere bedienten sich selbst auf den Feldern und fraßen nach der Ernte die Reste. Wenn sie fett und groß genug waren, wurden sie geschlachtet.

Das geht bei Tauben besonders schnell: In nur vier Wochen erreichen sie ihr Schlachtgewicht. Ein glückliches Taubenpaar schafft es zudem, bis zu 16 Taubenjunge pro Jahr aufzuziehen – ein Traum in einer Zeit, in der Fleisch rarer Luxus war.

Die Tauben, die Menschen essen (oder gegessen haben), gehören zur gleichen Taubenart wie die Stadttauben, den Felsentauben (Columba livia). Allerdings kommen sie in viel mehr Farben vor, als Großstadtbewohner vermuten würden: Das Spektrum ihres Federkleids reicht vom bekannten Graublau über Braun, Gelb oder Rot bis Schneeweiß. So prächtig sind manche, dass sie auch für Schönheitswettbewerbe gezüchtet werden.

Foto: © Inge Prader

Genau so ist auch der Gerhard Methagl auf die Taubenzucht gekommen. Die nicht ganz so schönen unter seinen Vögeln hat er damals aufgegessen, nach und nach kamen auch immer mehr seiner Freunde auf den Geschmack. Eines Tages fragte er dann bei ein paar Spitzenköchen von Heinz Reitbauer abwärts an, ob Interesse an heimischen Tauben bestünde. Es bestand großes, der Rest ist Geschichte.

Hoffentlich eine, die nicht bald endet: Tauben sind in Österreich nämlich nicht als Speisegeflügel klassifiziert, die Zucht von Speisetauben ist damit ein rechtlicher Graubereich, für den es keine eigenen Regeln gibt. Damit droht der Methagl'schen Taubenzucht stets Ungemach. Der Gerhard hofft nun, dass sich in diesem Jahr rechtlich vielleicht was ändert.

Foto: Tobias Müller

Die beste Art, ihm dabei zu helfen, ist, zu zeigen, dass auch außerhalb der Spitzengastronomie Interesse an der Speisetaube besteht. Und weil sie der vielleicht beste Vogel überhaupt ist, sollte das ganz leicht gehen.

Corona-Positives: Vor der Pandemie gab's die Methagl'schen Tauben nur ab Hof, per Post oder in der Spitzengastronomie. Jetzt steht er jeden zweiten Samstag auch am Markt in der Lange Gasse in Wien. Die nächsten Termine sind der 23. Jänner und 6. Februar. Vorbestellen per Telefon oder online schadet nie.

Gebratene Taube mit Feigen-Radicchio-Salat

Sicher, man kann die Taube zerlegen und ihre Einzelteile perfekt auf den Punkt garen, aus ihren Knochen Sauen schmoren, aus ihrem Fett Taubengrammelknödel machen (wie das Steirereck) oder sie gar zu Burger faschieren (wie das der Gerhard mit den älteren, zu zähen Exemplaren macht). Die beste aller Möglichkeiten ist aber meiner Meinung nach die einfachste: halbieren und bei hoher Hitze braten.

Foto: Tobias Müller

Es folgt hier also eine sehr kurze Anleitung zum Taubenbraten. Das Rezept dauert keine halbe Stunde, was die Taube zu einem absolut tauglichen Wochentagsabendessen macht. Und weil sie gern was Fruchtiges neben sich hat, gibt's noch einen Feigen-Radicchio-Salat. Ich hab den schon im November gemacht, als im Seewinkel noch die letzten Feigen an den Büschen gehangen sind. Aktuell muss es wohl Import- oder Trockenware sein. Oder Birnen, die tun's auch.

Foto: Tobias Müller
  • 1 Taube pro Person (oder zwei, wenn Sie gierig sind)
  • 1/2 bis 1 roter Radicchio, je nach Größe
  • Eine Handvoll Feigen oder ein, zwei Birnen
  • Olivenöl, Rotweinessig, Honig, frisch gemahlener Schwarzer Pfeffer

Füße und Kopf samt Hals von den Taubenkarkassen abtrennen und zusammen mit den Mägen für eine Taubensuppe aufheben.

Die Tauben mit einem anständigen Messer, Beil oder einer Geflügelschere der Länge nach halbieren, gut salzen und mit der Hautseite nach oben offen in den Kühlschrank legen.

Foto: Tobias Müller

Das sorgt dafür, dass sie am nächsten Tag beim Braten viel knuspriger werden, und funktioniert mit jedem Geflügel. Zur Belohnung für die getane Arbeit und die gute Entscheidung, Tauben zu kaufen, die Lebern kurz in reichlich Butter braten und gut gesalzen auf Toast genießen.

Am nächsten Tag das Backrohr auf 240 Grad Grillstufe (oder was es halt hergibt) vorheizen oder, noch besser, den Grill ordentlich anheizen. Tauben mit der Hautseite nach oben ins Rohr schieben und 15 bis 20 Minuten braten, je nach gewünschtem Gargrad.

Währenddessen den Radicchio in fingerbreite Streifen schneiden und die Feigen je nach Größe halbieren oder vierteln (die Birne in Scheiben schneiden). Olivenöl, Essig, Honig und Pfeffer zu einer Marinade mischen und Radicchio und Feige damit anmachen.

Foto: Tobias Müller

Tauben aus dem Rohr nehmen und fünf Minuten rasten lassen. Eine Taubenhälfte in die Finger nehmen, herzhaft zubeißen und genießen. Falls die Schwiegermutter zu Besuch ist: Brüste auslösen, Haxen abschneiden und mit Messer und Gabel servieren.

PS: Die schönen Fotos vom Taubenhof stammen von Inge Prader, mit der ich und der Max Stiegl gerade gemeinsam an einem kulinarischen Burgenlandbuch arbeiten, das im Spätsommer erscheinen wird. Unter wieschmecktdasburgenland.at (geht in den nächsten Tagen online) gibt's bald mehr dazu.

(Tobias Müller, 10.1.2021)

Foto: © Inge Prader