Den Theatern verpatzte die jüngste Verschiebung der Wiederöffnung erneut die Programmplanung. Das Verständnis dafür scheint zu sinken.

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Die langsam durchsickernden Pläne der Bundesregierung, wonach für die Teilnahme am öffentlichen Leben in den nächsten Monaten durchwegs negative Covid-Tests vorzuweisen sein könnten, sorgen im Kulturbetrieb für gemischte Gefühle. Es gibt Verständnis, aber auch Ärger über die Unsicherheit in der Planung und das chaotische Vorgehen der Regierung.

Einigkeit herrscht darin, dass man eine Ungleichbehandlung nicht hinnehmen will: Warum, so fragen viele, sollte ein negativer Covid-Test in der Gastronomie oder beim Skifahren länger Gültigkeit haben als für den Theater- oder Museumsbesuch?

Ruf nach Einheitlichkeit

"Wenn, dann muss es ein einheitliches System über alle Branchen hinweg sein, sonst kennt sich wieder keiner aus", fordert etwa Bettina Leidl, Direktorin im Kunst-Haus Wien und Vorsitzende des Museumsverbands Icom. Ihr Kollege Wolfgang Muchitsch vom Joanneum in Graz hält fest, dass die Museen schon bislang alle erforderlichen Maßnahmen wie Masken, Abstand und Belüftung gut umsetzen konnten und auch Testergebnisse bei der Ticketschranke ohne Probleme mitkontrollieren würden.

Auch Belvedere-Geschäftsführer Wolfgang Bergmann sieht diesem Szenario gelassen entgegen. Wirtschaftlich freilich wäre es ein weiterer Dämpfer. Dass die neue Hürde Einlasstests selbst hartgesottene Museumsgänger abschrecken könnte, hält man für möglich. Ein "Geschäft" sei der Betrieb der Häuser seit Beginn der Pandemie aber ohnehin nicht, vielmehr gehe es darum, Präsenz zu zeigen und Menschen Ablenkung zu bieten. Wieder zu öffnen habe schon "allein eine wichtige symbolische Wirkung", findet Muchitsch.

Testen als bürgerliche Verantwortung

Im Theaterbetrieb sieht man das ähnlich. Stephanie Gräve, Chefin des Landestheaters Vorarlberg, verweist auf die zunehmende psychische Belastung der Menschen. Gerade durch Kunst und Kultur könne diese gelindert werden. Den Vorgang einer Einlasskontrolle mit Testergebnis findet sie "zwar nicht erfreulich", aber generell sei es essenziell, viel zu testen: "Und das ist nicht nur eine Frage, die die Kultur betrifft. Das Konzept, dass wir uns alle regelmäßig testen lassen, sehe ich als Chance und als Hoffnung, nicht als Belastung."

Gräve empfindet Testungen als "bürgerliche Verantwortung. Ich lege keinen Wert auf mein Freiheitsrecht, mit einem gefährlichen Virus durch die Gegend zu rennen und meine Mitmenschen zu infizieren. Wenn ich eine Infrastruktur hätte, die es mir erlaubt, jeden zweiten Tag zu testen, würde ich es machen."

Unmut und Hoffnung

Damit widerspricht Gräve nicht nur Teilen der IG Kultur u. a. in Vorarlberg, die Eintrittstests rundweg ablehnt, sondern auch einigen Wiener Theaterdirektoren: So sieht etwa Josefstadt-Direktor Herbert Föttinger eine unzumutbare Gängelung des Publikums; Martin Kušej (Burgtheater) und Bogdan Roščić (Staatsoper) machten zuletzt ihrem Ärger darüber Luft, dass die geplante Wiederöffnung der Theater durch das Veto der Oppositionsparteien gegen die Regierungsvorlage nun nicht am 18., sondern erst am 24. Jänner stattfinden kann.

Zum Thema Eintrittstest will sich vonseiten der Bundestheater vorerst niemand mehr äußern, man warte auf eine brauchbare Lösung der Regierung. Hinter den Kulissen versucht man freilich, an ebendieser aktiv mitzuwirken.

"Bitte fertigdenken"

Ewald Tatar, größter privater Konzertveranstalter Österreichs, appelliert an die Regierung, dass man die "Eintrittstestgeschichte bitte fertigdenken sollte, bevor man jetzt wieder etwas macht, was unausgegoren ist". Vorausgesetzt der internationale Reiseverkehr wird erleichtert, hofft Tatar, ab Mai/Juni wieder "relativ normal veranstalten zu können, sodass man gar keine Tests braucht". Dazu seien aber Fortschritte bei der Durchimpfung nötig, so der Veranstalter von Nova-Rock und Frequency. Andere Stimmen aus der Eventbranche weisen indes auf rechtliche Tücken bei Eintrittstests hin, etwa beim Datenschutz, auch logistisch seien solchen Kontrollen Grenzen gesetzt.

Für viele Kinobetreiber ist die Diskussion um Eintrittstests vorerst eine sekundäre. Denn die großen Kinoketten können überhaupt erst wieder aufsperren, wenn man neue Blockbuster aus Übersee im Angebot hat. Die kommerzielle Kinowelt retten soll dann aber niemand Geringerer als Agent 007. Der neue James Bond startet im April.

(Stefan Weiss, 9.1.2021)