Dank ihrer filmischen Leistung in der Netflix-Produktion "Pieces of a Woman" wird Vanessa Kirby bereits als Oscar-Kandidatin gehandelt.

Foto: Benjamin Loeb / 2020 Netflix Inc.

Vanessa Kirby war elf Jahre alt, als sie ihr Berufungserlebnis hatte: Ein Kirschgarten von Tschechow am National Theatre in London, mit Vanessa Redgrave in einer Hauptrolle, brachte ihr die "Magie" nahe, mit Körper und Seele in eine Rolle zu schlüpfen. "Es ist doch seltsam: Das bist du – und doch nicht du."

Inzwischen weiß sie zur Genüge, was es heißt, mit einer Rolle mehr oder weniger zu verschmelzen. Seit sie in der Netflix-Serie The Crown in den ersten beiden Staffeln die unglückliche und großartig sarkastische Prinzessin Margaret spielte, ist Kirby eine der herausragenden Vertreterinnen der britischen Schauspielkunst, die vielen ja als die beste der Welt gilt. Dass sie mit ihrer Präsenz auch Tom Cruise an die Wand spielen kann, konnte man 2018 in Mission: Impossible – Fallout sehen, mit dem sie zeigte, dass sie auch mit Figuren von weniger Tiefe als bei Tschechow etwas anfangen kann.

Dass sie nun aber als Oscar-Kandidatin gehandelt wird, hat mit ihrer Bravourleistung in dem aktuellen Netflix-Film Pieces of a Woman zu tun: der beginnt mit einer halbstündigen Geburtsszene, die einen ordentlich mitnimmt.

Intensiver Weg zum Ruhm

Vanessa Kirby, Jahrgang 1988, hat selbst (noch) keine Kinder, unternahm aber alles, um sich mit dieser elementaren Erfahrung vertraut zu machen. Da die Szene ohne Schnitt gedreht wurde, fühlte sie sich auch an die Intensität von Bühnenerfahrung erinnert. Die Eltern wiesen ihr den Weg in das Metier. Der Vater, ein Urologe, war Shakespeareaner, die Mutter, Journalistin, ebenfalls.

Schon während ihrer Schulzeit war Kirby immer in Theatergruppen, und als es um eine Berufsentscheidung ging, gab es zwar einen kurzen Rückschlag, als die Old Vic Theatre School in Bristol sie nicht aufnehmen wollte; als sie dann aber an der Schauspielakademie in London (LAMDA) einen Platz bekam, hatte sie schon Hauptrollen am Octagon Theatre in Bolton und schaffte von da rasch den Sprung ans National Theatre.

2011 debütierte sie in der Medienserie The Hour im Fernsehen, im Kino war ihre erste Rolle von Gewicht in Queen & Country von John Boorman. Bei dieser Produktion traf sie auch auf den Kollegen Callum Turner, mit dem sie bis 2020 eine Beziehung hatte. Mit ihrer Schwester Juliet lebt Vanessa Kirby heute in einer Vierer-WG im Süden Londons: wenn sie nicht gerade wieder unterwegs ist, um in einer Rolle halb aufzugehen und doch halb sie selbst zu bleiben – nämlich eine Schauspielerin auf dem Weg zum absoluten Weltstar. (Bert Rebhandl, 9.1.2021)