Für Trump hat es sich ausgetwittert.

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Nach einer temporären Sperre und einer kurzfristigen Aufhebung selbiger ist US-Präsident Donald Trump seinen Twitteraccount los. Wie das soziale Netzwerk via Blogpost mitteilte, wurde der Account permanent stillgelegt. Unter dessen Adresse ist nur noch der Hinweis auf die Sperre zu sehen, aber keinerlei Inhalte mehr. Ebenfalls betroffen ist das Twitter-Profil seines Wahlkampfteams namens @TeamTrump.

Zuletzt hatte Trump laut dem Analysedienst Socialblade fast 89 Millionen Follower dort versammelt, an die er regelmäßig seine Botschaften übermittelte. Sein Twitteraccount dürfte damit sein reichweitenstärkstes Social-Media-Werkzeug gewesen sein. Zuvor waren bereits seine Konten auf Facebook und Instagram gesperrt worden.

Ein Screenshot des gesperrten Twitteraccounts von Trump.
Foto: Screenshot

Twitter, das schon vor den jüngsten Ereignissen regelmäßig Postings von Trump mit Warnhinweisen ob seiner Behauptungen bezüglich angeblichen Wahlbetrugs unterlegt hatte, liefert eine ausführliche Begründung zu seinem Vorgehen.

Botschaften könnten nach Kapitolsturm Nachahmer anspornen

Die jüngsten Postings des Präsidenten sieht man als wiederholten Richtlinienverstoß, hier konkret gegen die Richtlinien, welche die Verherrlichung von Gewalt untersagen. "Die 75 Millionen großartigen amerikanischen Patrioten, die für mich (…) gestimmt haben, werden auch noch lang in der Zukunft gewaltigen Einfluss haben. Man wird sie nicht auf irgendeine Art respektlos oder ungerecht behandeln!!!", lautet der erste Tweet, den man als inkriminierend betrachtet. Gleiches gilt auch für die kurz darauf abgesetzte Nachricht: "An alle, die gefragt haben: Ich werde nicht zur Amtseinführung [Anm.: von Joe Biden] am 20. Jänner gehen."

Im Kontext zu Trumps stetig wiederholten Wahlbetrugsvorwürfen und der Erstürmung des Kapitols durch gewaltbereite Anhänger des scheidenden Präsidenten, seien diese Botschaften Verstöße, weil seine Absenz bei der Angelobung seines Nachfolgers erneut die Legitimität der Wahl infrage stelle und zudem auch das Event zu einem möglichen Angriffsziel mache, nachdem er selbst nicht da sein werde, argumentiert Twitter. Auch der Hinweis auf den künftigen Einfluss seiner Anhänger lasse darauf schließen, dass er weiterhin keine geordnete Machtübergabe, sondern weiter die Vorantreibung des Betrugsnarrativs anstrebe.

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Weiters sei die Entscheidung auch in dem Kontext zu sehen, dass die Planung für bewaffnete Aufmärsche auf Twitter und anderen Plattformen bekannt geworden sei. Darunter auch ein weiterer Sturm auf das Kapitol, den einige seiner Anhänger für den 17. Jänner organisieren wollten. Es sei wahrscheinlich, dass Trumps Nachrichten Nachahmungstaten begünstigen könnte und man sehe "mehrere Indikatoren" dafür, dass die Botschaften auch tatsächlich als Ansporn verstanden würden.

Trump erwägt Aufbau eigener Plattform

Nicht betroffen von der Sperrung sind die "amtlichen" Kanäle des Weißen Hauses (@WhiteHouse) und des US-Präsidenten (@POTUS). In Folge des Verlusts seines privaten Accounts hatte Trump versucht, sich auf dem offiziellen Account des US-Präsidenten zu äußern. Wie die APA berichtet, verurteilte Trump die Sperre seines privaten Accounts in einem Twitter-Beitrag: "Heute Abend haben sich Twitter-Mitarbeiter mit Demokraten und der radikalen Linken zusammengetan, um mein Konto von ihrer Plattform zu entfernen, um mich und euch 75 Millionen großartiger Patrioten, die mich gewählt haben, zum Schweigen zu bringen." Auch stellte Trump den Aufbau einer eigenen Plattform in Aussicht, man sei dafür mit anderen Webseiten in Verhandlung.

Der Twitter-Beitrag wurde vom sozialen Medium umgehend entfernt. Gegenüber der Nachrichtenagentur AFP sagte ein Unternehmenssprecher: "Einen anderen Account zu nutzen, um einer Sperrung zu entgehen, ist ein Verstoß gegen unsere Richtlinien". Der offzielle Präsidenten-Account wird mit der Amtsübernahme Joe Bidens komplett zurückgesetzt, inklusive Entfernung aller Nachrichten und Aufhebung aller Follows. Die abgesetzten Nachrichten werden archiviert.

Weitere Online-Netzwerke reagieren mit Sperre

Neben Facebook – dem auch Instagram gehört – und Twitter, sperrten eine Reihe anderer Internetplattformen Trump und seine Anhänger im Zuge des Ansturms auf das Kapitol aus ihren Netzwerken aus. Auf Reddit wurde das Forum r/DonaldTrump entfernt, Twitch sperrte den Livestream-Kanal des Präsidenten, auf der Kommunikations-Plattform Discord wurde der Server "The Donald" deaktiviert und auch Online-Shop-Anbieter Shopify hat zwei Shops, die in Verbindung mit Trump standen, permanent geschlossen.

Rechte Alternativseiten gewinnen an Zuwachs, Apple und Google reagieren

Die Front gegen die Online-Präsenz Trumps könnte allerdings das Wachstum dezidierter Rechtsaußen-Plattformen wie Gab oder Parler begünstigen. Ersteres Portal meldete, dass man alleine nach der Sperre von Trump auf Facebook eine Trafficsteigerung von über 120 Prozent binnen eines Tages verzeichnen konnte. Für Trump, auf dessen Beitritt man hofft, habe man bereits ein Konto reserviert, dem auch schon "hunderttausende Nutzer" folgen würden.

Doch auch Google und Apple nehmen Trumps Aktivitäten, sowie jene seiner Anhänger, ins Visier. Postings von Trump-Unterstützern auf der US-Plattform Parler zielten laut Google darauf ab, die "andauernde Gewalt in den USA weiter anzustacheln". Wegen fehlender Moderation und Regelungen für gefährliche Inhalte, warf Google am Freitag die alternative Bloggingplattform aus seinem Store.

Auch Apple drohte Parler mit einer Entfernung der App aus dem App-Store, und forderte die Plattform auf, "alle anstößigen Inhalte aus Ihrer App zu entfernen, sowie alle Inhalte, die sich auf Angriffe auf Personen oder staatliche Einrichtungen jetzt oder zu einem späteren Zeitpunkt beziehen". Auch müsse Parler einen schriftlichen Plan "zur Moderation und Filterung dieser Inhalte" vorlegen, teilte Apple in einem Schreiben an Parler mit.

Die Entscheidung erfolgte nach der gewaltsamen Erstürmung des US-Kapitols durch radikale Anhänger Trumps, die wie der Präsident selbst die Abwahl nicht wahrhaben wollen. (gpi, 9.1.2021)