Im Jänner 1954 vernichteten insgesamt 13 Lawinen das Dorf Blons im Großen Walsertal. Mehr als 50 Menschen starben unter den Schneemassen. Hier ist das Filmdorf für den Film "Atem des Himmels" von Reinhold Bilgeri zu sehen.

Foto: ORF

In der Corona-Krise fungiert die winterliche heimische Bergwelt derzeit vor allem als Austragungsort eines vom Erreger erzwungenen Kampfes zwischen Freizeitbedürfnis und Ansteckungsgefahr. Doch auch in viral unauffälligeren Zeiten bergen die verschneiten Berge und Täler Risken, denen sich der Kultursender ORF 3 am Samstagabend gleich im Dreierpack widmete.

Unter dem Label Zeit.Geschichte ging es um die zwei schlimmsten Lawinenkatastrophen Österreichs der vergangenen Jahrzehnte, jene im Vorarlberger Blons 1954 und jene im Tiroler Galtür 1999, sowie um den verheerenden Brand im Tunnel der Kitzsteinhornbahn im November 2000. Zu sehen und zu hören waren drei Stunden Schilderungen der Verkettung fataler Umstände, der im Rückblick trügerischen Ruhe vor dem Sturm, der darauf folgenden Wucht der Zerstörung – und, vor allem, von deren Auswirkungen.

Psyche

Diese, so war im Katastrophenvergleich zu erkennen, enden keineswegs mit dem Aufräumen und dem Wiedereintreten der sogenannten Normalität, sondern sie erstrecken sich über lange Jahre, manchmal ganze Menschenleben. Die über 90-jährige Blonserin, die 1954 durch die Lawinen ihre Familie verlor und bis heute nicht darüber sprechen kann, der Exbetriebsleiter der Kapruner Gletscherbahnen, dem erst eine Psychotherapie half, über seine Schuldgefühle hinwegzukommen – ihre Erzählungen weisen die Psyche der Menschen als fortdauernden Austragungsort von derlei schrecklichen Ereignissen aus.

Das war denn auch der aktuelle Erkenntnisgewinn dieser geballten Ladung Desasterdokumentation: Was in der Krise geschieht oder unterlassen wird, hat langanhaltende traumatisierende Folgen. Das gilt auch in Corona-Zeiten. (Irene Brickner, 10.1.2021)