Wahltag in Kasachstan. In der früheren Sowjetrepublik hat es noch nie Wahlen gegeben, die von internationalen Beobachtern als frei anerkannt wurden.

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Nur-Sultan (Astana) – Bei der Parlamentswahl in der zentralasiatischen Republik Kasachstan zeichnet sich erwartungsgemäß ein hoher Sieg der Regierungspartei Nur Otan ab. Nachwahlumfragen sahen die Partei am Sonntagabend bei 71,9 Prozent, wie die Staatsagentur Kazinform meldete. Bei der vergangenen Abstimmung vor fünf Jahren holte Nur Otan noch rund 82 Prozent der Wählerstimmen. Bei Protesten wurden Dutzende Regierungsgegner festgenommen.

Boykott der Sozialdemokraten

Neben der Regierungspartei schaffen dem Bericht zufolge nur noch die Partei Ak Schol (Leuchtender Pfad) und die Volkspartei Kasachstans den Sprung ins Parlament. Beide gelten ebenfalls als regierungstreu. Nach Angaben der Zentralen Wahlkommission in der Hauptstadt Nur-Sultan lag die Beteiligung mit 63,3 Prozent deutlich niedriger als bei der letzten Wahl. Mit ersten Ergebnissen der Auszählung wurde in der Nacht auf Montag gerechnet.

11,9 Millionen Wähler waren zur Stimmabgabe aufgerufen. Fünf Parteien mit 312 Kandidaten wurden zugelassen. Für einen Einzug in die Volksvertretung mussten sie die Sieben-Prozent-Hürde nehmen. Die Sozialdemokratische Partei boykottierte die Abstimmung.

Dutzende Festnahmen

Die Demonstranten wandten sich am Sonntag gegen den nach wie vor großen Einfluss des früheren Präsidenten Nursultan Nasarbajew, der im Frühjahr 2019 die Amtsgeschäfte an Kassym-Schomart Tokajew übertragen hatte. In Videos war zu sehen, wie Polizisten die Demonstranten einkesselten. "Dutzende von uns sind festgenommen worden", sagte der Demonstrant Dschanbolat Mamay.

Am Sieg der Regierungspartei Nur-Otan hatte schon im Vorfeld kein Zweifel bestanden. Bereits bei der Wahl Tokajews vor eineinhalb Jahren hatte es in der Ex-Sowjetrepublik Proteste gegen die autoritäre Führung gegeben. Hunderte Menschen wurden festgenommen.

Keine faire Wahlen in der Vergangenheit

Das Staatsoberhaupt sagte bei der Stimmabgabe: "In allen Ländern der Welt gibt es eine Proteststimmung." Die Sicherheitskräfte würden nur im Rahmen des Gesetzes handeln. In der früheren Sowjetrepublik hat es noch nie Wahlen gegeben, die von internationalen Beobachtern als frei anerkannt wurden.

Der 67-jährige Tokajew hatte das Amt von dem Langzeitpräsidenten Nursultan Nasarbajew übernommen, der sich nach rund 30 Jahren an der Macht zurückgezogen hatte. Nasarbajew hält allerdings weiter mehrere einflussreiche Ämter und gilt noch immer als mächtigster Mann des Landes. Seine Tochter Dariga Nasarbajewa kandidierte diesmal erneut. Sie war erst im vergangenen Frühjahr als Chefin des Oberhauses entlassen worden. Sie galt als mächtigste Frau des Landes. (APA, dpa, 10.1.2021)