Steuersparen gehört zum guten Ton in den Chefetagen internationaler wie heimischer Unternehmen. Doch seit die Staaten Milliarden an Staatshilfen an Betriebe ausschütten, wird verstärkt die Frage gestellt: Warum werden Konzerne unterstützt, die aufwendige rechtliche Konstruktionen errichtet haben, damit der Fiskus möglichst wenig am Gewinnkuchen mitnaschen kann.

Viele dieser Steueroptimierungen gründen auf internationalen Verflechtungen, die wenig mit den wirtschaftlichen Aktivitäten zu tun haben. Neben berühmt-berüchtigten Steueroasen beispielsweise in der Karibik bieten auch EU-Länder attraktive Möglichkeiten, um die Abgabenlast niedrig zu halten.

Malta lässt grüßen

Die altbekannte Praxis wird gerade durch das Beispiel XXXLutz in Erinnerung gerufen: Der Möbelriese hat seine Markenrechte im Wert von fast 400 Millionen Euro auf eine in Malta ansässige Firma abgespalten. In Folge zahlte das oberösterreichische Unternehmen jährlich hohe Lizenzgebühren an die konzerneigene Gesellschaft, durch die der Gewinn und folglich die Steuerbelastung in Österreich gedrückt wurde.

Andrang gibt es im Lockdown nicht, aber der Möbelhandel hat die Einbußen rasch aufgeholt.
Foto: Matthias Cremer

Die hohen Erträge in Malta werden effektiv nun mit fünf Prozent besteuert, da die Mittelmeerinsel Lizenzeinnahmen von Firmen mit ausländischen Gesellschaftern begünstigt. Allerdings hat die Finanz XXXLutz einen Strich durch die Rechnung gemacht. Sie sieht in der Struktur eine missbräuchliche Konstruktion, weil die Firma in Malta – sinngemäß – keine echten Befugnisse habe und die markenbezogenen Aktivitäten weiterhin von Wels aus gesteuert werden.

XXXLutz blitzte ab

Das Bundesfinanzgericht und kürzlich auch der Verwaltungsgerichtshof haben – wie berichtet – der Finanzbehörde recht gegeben. Die Lizenzzahlungen von rund 50 Millionen Euro jährlich dürfen somit nicht als Betriebsausgabe steuermindernd abgesetzt werden, wobei sich die Entscheidung auf die Jahre 2008 und 2009 bezieht. Von XXXLutz war dazu keine Stellungnahme zu erhalten.

Das Beispiel zeigt, wie sehr die EU unter internem Steuerwettbewerb leidet. Ganz unbekannt sind die Praktiken einzelner Jurisdiktionen – neben Malta gelten Zypern, Irland und die Niederlande als besonders verlockend – nicht. Die Steuerzuckerln Maltas wurde sehr umfangreich durch die Paradise Papers 2017 thematisiert: 760 Personen und Firmen aus Österreich schienen damals im Firmenregister der Mittelmeerinsel auf.

Schon zuvor wurden einige Optimierungen beschränkt: 2014 etwa führte Österreich im Lichte medialer Enthüllungen von Steuerspartricks eine Regelung ein, wonach Lizenz- und andere Zahlungen an Länder mit weniger als zehn Prozent Steuersatz nicht abgesetzt werden können. Schwachpunkt der Regelung: Firmeninterne Überweisungen an Irland, die Niederlande und viele andere Länder wurden damit nicht erwischt.

Auch die Marke Möbelix wurde nach Malta transferiert.
Foto: APA/Helmut Fohringer

Nun wird wieder verstärkt debattiert, ob Steuervermeider auch noch mit Staatshilfen überschüttet werden sollen. Die Regierung verweist darauf, dass es schon eine Schranke gebe. Konzerne mit Sitz oder Niederlassung in einer Steueroase dürfen beispielsweise keinen Umsatzersatz beziehen, heißt es aus dem Finanzministerium. Doch es gibt mehrere Schwachstellen. Die Regierung stelle nicht auf den Konzern, sondern nur den antragstellenden Betrieb ab, meint Arbeiterkammerexperte Dominik Bernhofer.

Außerdem zieht Österreich die EU-Liste nicht kooperativer Jurisdiktionen heran, und die ist Ergebnis politischer Entscheidungsfindung. Die USA, Großbritannien und andere Staaten haben sich für die Löschung von Ländern wie Bermudas oder Bahamas starkgemacht. EU-Länder sind ohnehin nicht auf der Liste zu finden. Malta ist also was Steueroasen anbelangt kein Problem. Anders wäre es, wenn gegen das Abzugsverbot verstoßen worden wäre. Allerdings fasst die Koalition nur die letzten fünf Jahre ins Auge. Bei XXXLutz wäre somit zu prüfen, ob die Lizenzzahlungen auch in jüngerer Vergangenheit steuerlich genutzt wurden.

Strengere Maßstäbe

Einige regierungsunabhängige Organisationen wie Oxfam und Tax Justice Network haben strengere Maßstäbe angelegt, die auch das Bild österreichischer Unternehmensbeteiligungen in Steueroasen drastisch verändern. Oliver Picek vom gewerkschaftsnahen Momentum-Institut hat eruiert, dass große börsennotierte Konzerne (vertreten im Leitindex ATX der Wiener Börse) nur zwei Niederlassungen in Ländern auf der schwarzen Liste der EU haben. Zieht man die Definition von Tax Justice Network heran, sind es 188.

Picek meint, dass Österreich hier strenger vorgehen und auch Firmenbeteiligungen in attraktiven EU-Länder berücksichtigen sollte. Auch bei der Kurzarbeit tritt er für Nachschärfungen ein, allerdings sei der Fall schwieriger, da das Instrument viel Beschäftigung sichere. Dennoch seien Adaptierungen zu befürworten, zumal viele Branchen – insbesondere der Möbelhandel – ihre Verluste aus dem Frühjahrslockdown mehr als aufgeholt haben, findet Picek. Hier rät der Momentum-Experte zu zielgerichteten Kontrollen, ob Hilfen mit Steuervermeidung einhergingen.

Bernhofer sieht das ähnlich: Aus seiner Sicht stellen strengere Regeln keine Gefahr dar, dass Gelder zu langsam fließen würden. Die Mittel könnten weiterhin rasch überwiesen werden, allerdings sollte die Finanz die Einhaltung der Bestimmungen stichprobenartig prüfen. Bei Verstößen wäre eine Rückforderung der Hilfen bis fünf Jahre nach ihrer Gewährung möglich. (Andreas Schnauder, 11.1.2021)