In Zeiten wie diesen darf man um jeden Arbeitsplatz in Österreich froh sein, das BMW-Motorenwerk in Steyr ist ein Großarbeitgeber, auch der Motor dieses Testwagens stammt von dort – wie künftig fast alle Konzernmotoren, denn bis 2024 werden die V8- und Reihensechszylindermotoren vom Stammwerk München in das aus allen Nähten platzende Werk verlegt, zusätzlich zur jetzigen Fertigung. München hingegen forciert den Transformationsprozess, sprich: alles, was für die batterieelektrische Mobilität gebraucht wird.

In der Nacht sind alle Katzen grau, tagsüber reichlich viele Autos, so auch dieser 3er. War es bisher so, dass die 3er-Limousine stets slim-fit geschnitten war, so ist das mit der neuen Generation seit 2019 Geschichte – es gibt reichlich Platz drinnen. Was bleibt und auch das Design suggeriert, ist das hohe fahrdynamische Potenzial.
Foto: Stockinger

Nun, ein Teil dieses Prozesses, der uns noch viele, viele Jahre beschäftigen wird, nennt sich Elektrifizierung, und er besagt, dass die Verbrenner mehr (Plug-in-Hybrid) oder weniger (Mildhybrid) von elektrischen Komponenten unterstützt werden, um die in rasantem Tempo rigider werdenden Abgasbestimmungen wenigstens halbwegs hinzubekommen. Gelingt das nicht, stehen in der EU nämlich drastische Pönalzahlungen an.

320d xDrive Limousine. Schauen wir uns an, wie der Testwagen in dieses Szenario passt. In den vergangenen Monaten haben uns bereits einige 48-Volt-Benziner positiv beim Verbrauch überrascht, etwa Hyundai i30 oder VW Golf und Seat Leon. Nun also Diesel.

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Unser Eindruck? Sparsam, ja, aber wir hätten uns beim Verbrauch doch noch ein bisschen mehr erwartet, nämlich weniger. BMW und Diesel ist ja immer eine sichere Bank bei vorbildlich geringem Spritkonsum und zugleich herzerwärmender Tatkraft. Es ergab sich im Stadt- und autobahnlastigen Testbetrieb ein Wert von 5,7 l / 100 km, bei einem kombinierten WLTP-Normwert von 4,4 l / 100 km. Vielleicht ist das dynamische Potenzial bei BMW einfach zu verführerisch, als dass man sich vom Fleck weg eines zurückhaltenden Fahrstil befleißigen würde.

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Auf der Habenseite steht zweifellos, dass es sich um kein ganz kleines Fahrzeug handelt, auf 4,71 Meter Länge ist der 3er inzwischen angewachsen, die erste Generation, die die legendären 02-Modelle beerbte, begnügte sich noch mit 4,36. Außerdem: Allradantrieb. Und: 190 PS Leistung.

Grafik: Der Standard

Aufdecker Winter

Betrachtet man das Fahrkapitel für sich, so gibt es nichts zu bemäkeln, abgesehen vom Umstand, dass der Zweiliterdiesel akustisch nicht ganz und gar unauffällig ist, die kalte Jahreszeit ist in dem Punkt ein gnadenloser Aufdecker. Die Leistungsentfaltung erfolgt ausgesprochen harmonisch, was auch an der Unterstützung des acht Kilowatt (11 PS) starken Startergenerators liegt, der sich beim Beschleunigen aus dem Stand oder über Zusatzschub bemerkbar macht, und die 0,53-kWh-Batterie puffert rekuperierte Energie zwischen. Laufruhe und Schwingungsarmut des Gesamtsystems sind jedenfalls beachtlich, das betrifft auch das Start-Stopp-System, das den Verbrenner beim Verzögern schon unter Tempo 15 km/h vom Betrieb nimmt.

Ansonsten muss man über den 3er nicht viele Worte verlieren. War und ist für BMW eine kernkompetente Baureihe, und die Limousine hält die Stellung in einem immer SUV-lastigeren Umfeld. Überzeugt durch Präzision, souveränes Fahrwerk, Bediensystem und überhaupt die Fülle an technischen Inhalten. (Andreas Stockinger, 25.1.2021)