Bild nicht mehr verfügbar.

Will mit seiner Entscheidung Frieden im Jemen fördern: US-Außenminister Mike Pompeo.

Foto: Reuters / Pool / Jacquelyn Martin

Sanaa – Kurz vor dem Amtsende von Präsident Donald Trump nimmt die scheidende US-Regierung einen Verbündeten des Iran im Jemen ins Visier. Außenminister Mike Pompeo teilte am Sonntagabend (Ortszeit) in Washington mit, er wolle die jemenitischen Huthi-Rebellen als Terrororganisation einstufen. Er werde den US-Kongress über die entsprechende Absicht informieren. Hilfsorganisationen warnten, der Schritt werde sich auf die ohnehin schon große humanitäre Not im Jemen auswirken.

Bürgerkrieg seit 2014

Im Jemen herrscht seit 2014 Bürgerkrieg. Die Huthis kontrollieren große Teile des Landes, darunter die Hauptstadt Sanaa. Sie kämpfen gegen die Truppen der international anerkannten Regierung, die unter anderem vom Nachbarland Saudi-Arabien militärisch unterstützt wird. Verbündet sind die Huthis mit dem Iran, einem Erzfeind Riads.

Es gelte, die Huthi-Rebellen für deren auch grenzüberschreitenden terroristischen Aktivitäten zur Rechenschaft zu ziehen, erklärte Pompeo. Der Schritt solle zudem die Bemühungen um einen friedlichen, souveränen und geeinten Jemen stärken. Pompeo bezeichnete die Huthis als eine "tödliche, vom Iran unterstützte Miliz" in der Golfregion.

Jemens international anerkannte Regierung begrüßte die Ankündigung. Die Huthis verdienten diese Einstufung nicht nur wegen ihrer "terroristischen Aktivitäten", sondern auch, weil sie den Konflikt verlängerten und die weltweit größte humanitäre Katastrophe verursacht hätten, teilte das jemenitische Außenministerium mit. Die Rebellen wiederum verurteilten die geplante Einstufung als Terrororganisation. Die USA seien "die Quelle des Terrorismus", erklärte das hochrangige Führungsmitglied Mohammed al-Huthi.

Hungersnot droht

Das Land auf der Arabischen Halbinsel ist eines der ärmsten der Welt. Der Bürgerkrieg hat das Leid der Menschen dort nochmals deutlich vergrößert. 24 Millionen Menschen – rund 80 Prozent der Bevölkerung – sind nach UN-Angaben auf humanitäre Hilfe angewiesen.

Hilfsorganisationen warnten, die Einstufung der Huthis als Terrororganisation werde Folgen haben. Es werde noch schwerer werden, Lebensmittel und Medikamente in das Land zu bringen, erklärte der Norwegische Flüchtlingsrat. Nach Angaben der Organisation droht dem Land schon jetzt die weltweit schlimmste Hungersnot seit Jahrzehnten.

Alltag von Huthi-Rebellen beherrscht

Die Huthi-Rebellen bezeichnen sich offiziell als "Ansar Allah" ("Unterstützer Gottes") und sind nach Einschätzung von Experten die stärkste Kraft im Jemen. Laut einem Bericht der britischen Denkfabrik Chatham House vom September 2019 sind schätzungsweise 180.000 bis 200.000 ihrer bewaffneten Kämpfer im Land aktiv. Die Rebellen beherrschen im Norden und Westen des Jemen so gut wie alle Bereiche des täglichen Lebens. Regelmäßig greifen sie Saudi-Arabien mit Raketen an.

In der Schlussphase ihrer Amtszeit hat die US-Regierung bereits mehrere spektakuläre Weichenstellungen in der Außenpolitik vorgenommen, die den Handlungsspielraum des kommenden Präsidenten Joe Biden einengen. So erkannte Washington überraschend die Hoheit Marokkos über die Westsahara an. Ein hoher US-Diplomat besuchte am vergangenen Wochenende das völkerrechtlich umstrittene Gebiet. (APA, dpa, 11.1.2021)