Die Einheit für Notfälle der spanischen Armee (UME) räumt unter anderem auch Straßen in der Hauptstadt Madrid.

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Seit 50 Jahren hat es im Raum Madrid nicht so viel geschneit – wie hier in Alcala de Henares.

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Keine Taxis, keine Busse, kaum Pkw-Verkehr. Seit das Sturmtief Filomena vor wenigen Tagen bis zu einen halben Meter Schnee in der spanischen Hauptstadt Madrid hinterlassen hat, kommt das öffentliche Leben weitgehend zum Erliegen. Stadtverwaltung und Regionalregierung reagierten zu spät. Räumfahrzeuge und Räumungspersonal rückten erst am Sonntag aus. Dank der tiefen Temperaturen war die Schneedecke da längst gefroren. Wo die Anwohner nicht selbst die Gehsteige freigeschaufelt hatten, war es auch am Montag für Fußgänger schwierig voranzukommen.

Seit 50 Jahren hat es nicht so viel geschneit wie dieser Tage. Wegtauen werden Schnee und Eis so schnell nicht, denn für die nächsten Tage sind Temperaturen von zehn Grad minus und darunter angekündigt. Wer dringend ins Krankenhaus musste, rief am Wochenende vergebens beim Notdienst an. Nur eine Gruppe Freiwilliger mit ihren Geländewagen beförderte Patienten und Krankenhauspersonal.

Lebensmittel gehen zur Neige

Mittlerweile sind die wichtigsten Hauptstraßen wieder frei, doch ganze Stadtteile sind nach wie vor vom Verkehr weitgehend abgeschnitten; Straßen durch umgestürzte Bäume und unter der Schneelast abgebrochene Äste blockiert. In einigen Geschäften gehen die Lebensmittel zur Neige, denn der Großmarkt ist geschlossen. Die Zulieferer erreichen viele Geschäfte nicht. Schulen und Unis bleiben bis mindestens Mittwoch geschlossen.

In zwei Dritteln Spaniens sieht es nicht viel besser aus. Die Einheit für Notfälle der spanischen Armee (UME) ist überall im Einsatz. Mittlerweile sind die Autobahnen wieder frei. Auch die Zugverbindungen kommen wieder in Gang. Der Flughafen der Hauptstadt wickelt erste Flüge ab – doch mehr als 700 Landstraßen sind nach wie vor gesperrt.

Konvois für die Impfdosen

Die Sorge der Zentralregierung unter dem Sozialisten Pedro Sánchez gilt der Verteilung der Covid-Impfstoffe. "Wir haben die Mittel und das Personal, um das zu bewerkstelligen", erklärte Innenminister Fernando Grande-Marlaska. Die Regierung bereitete zusammen mit der UME Konvois vor, um die 350.000 Dosen, die am Montag ankamen, im Land zu verteilen.

70 Prozent der Bevölkerung sollen bis Ende des Sommers geimpft sein, doch bisher sieht es nicht danach aus, als würden die regionalen Gesundheitsbehörden den Plan erfüllen. Bereits vor dem Rückschlag durch Sturmtief Filomena ist die Kampagne nur schleppend angelaufen. Nur ein Drittel der vorgesehenen Impfungen wurde bisher tatsächlich durchgeführt.

Zögerliche Verimpfung

Während einige Regionen die wöchentlich ankommenden Impfdosen pünktlich verabreichen, läuft die Kampagne ausgerechnet in bevölkerungsstarken und von Covid-19 extrem betroffenen Regionen mehr als zögerlich an. Am schlechtesten schneidet die Hauptstadtregion Madrid ab. Dort wurden bisher nur 14,3 Prozent der Impfungen eingesetzt. Die konservative Regionalregierung hat die Impfkampagne nicht vorbereitet. Es wurde kein zusätzliches Personal eingestellt.

Nach Weihnachten mit seinen Lockerungen für Einkäufe und Familientreffen steigt die Zahl der Covid-19-Neuinfektionen so schnell wie seit dem Frühjahr nicht mehr. Je nach Region vermelden die Gesundheitsbehörden eine Zunahme zwischen 30 und über 40 Prozent in nur sieben Tagen. Mehr als 24 Prozent der Intensivbetten sind mit Covid-Fällen belegt. Tag für Tag sterben zwischen 200 und 300 Patienten. Die dritte Covid-Welle ist da, daran zweifelt niemand mehr. (Reiner Wandler aus Madrid, 11.1.2021)