Elon Musk ist nicht der erste Mensch, der davon träumt, andere Planeten zu besiedeln. Er ist bislang aber wohl einer der fähigsten – nicht nur ob seiner technischen Raffinesse und seines Erfindergeistes, vor allem auch ob seines Geldes. Seit vergangener Woche gilt der exzentrische Unternehmer als die reichste Person der Welt. Sein Vermögen von aktuell rund 185 Milliarden US-Dollar ist jedoch relativ volatil. Es steht, wächst und fällt mit dem Wert von Tesla und Space X. Crashen das Elektroauto- und das Raumfahrtsunternehmen, sei er bankrott, sagte Musk kürzlich Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner in einem vielbeachteten Interview.

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Ein Mann mit viel Geld und einem Ziel.
Foto: AP/John Raoux

Dass ein so erfolgreicher Unternehmer wie Musk, der unter anderem auch den Onlinebezahldienst Paypal mitgründete, sein Vermögen nicht besser diversifiziert zu haben scheint, verwundert. Tatsächlich machte Musk aber schon im Mai 2020 Andeutungen, den Großteil seines Besitzes verscherbeln zu wollen, um Kapital für sein wichtigstes Projekt freizuschaufeln – die Besiedelung des Mars und die Weiterentwicklung der Menschheit zu einer interplanetaren Spezies.

Liquide

Musk ließ seinen Ankündigungen Taten folgen und veräußerte allein im vergangenen Jahr mehrere Immobilien im Wert von weit über 100 Millionen US-Dollar. Er brauche natürlich einen Platz für seine sechs Kinder, aber ansonsten schere er sich nicht allzu viel um sein Eigenheim. Er schlafe die meiste Zeit ohnehin in den Büros seiner Fabriksgebäude oder in Hotels, für die restlichen Tage könne er sich auch einfach eine Mietwohnung zulegen, so der Südafrikaner, der als Workaholic bekannt ist. Besitzungen würden ihn nur einengen und unnötig Ressourcen binden, die viel besser in die Erbauung einer Stadt auf dem Mars gesteckt würden. "Ich will so viel wie möglich selbst zur Erbauung dieser Stadt beisteuern", sagt Musk. Auf gute Nachbarschaft pfeift er da auch schon mal gerne.

Musk will erreichen, dass die Menschen verstehen, wie ernst es ihm bei seinem Projekt ist. Wenn er mit seinen Firmen nur Reichtum anhäufe, um sich davon schöne Sachen zu kaufen, mache er sich angreifbar für die vielen Kritiker, beteuert er. So aber könne man ihm schwer vorwerfen, nicht auch aus Neugierde und Wissenschaftsdrang zu handeln. Tatsächlich scheint ihn die Wissenschaft mittlerweile sehr ernst zu nehmen, wie etwa die enge Kooperation mit der Nasa zeigt.

Ein potenzielles Landemanöver auf dem Mars bleibt eine große Herausforderung, wie die Tests beweisen – unlösbar scheint sie nicht.
SpaceX

Woher nimmt er die Motivation? Musk sagt, erstmals seit rund 4,6 Milliarden Jahren auf der Erde öffne sich für eine Spezies ein Zeitfenster, welches die Exploration anderer Planeten erlaube. Dieses Fenster könne entweder verdammt lange offen bleiben – was er hofft – oder sich aufgrund unvorhergesehener Dinge auch schon bald wieder schließen. Erstaunlicherweise sprach Musk im Interview mit "Business Insider" weniger darüber, dass er das abrupte Ende menschlichen Lebens durch einen Meteoriteneinschlag oder dergleichen fürchte, als das allmähliche Abklingen technischer Fähigkeiten – eine Art Lethargie, die der in vielerlei Hinsicht hyperaktive Musk scheinbar konterkarieren möchte.

Die steht allerdings ein klein wenig im Widerspruch zu einem Tweet aus dem Jahr 2018, den Musk, kurz nachdem bekannt wurde, dass er der reichste Mensch der Welt sei, oben an seiner Pinnwand anheftete. Darin versprach er die Hälfte seines Vermögens für den Fortbestand der Menschheit durch Weltraumexploration einzusetzen, "für den Fall eines Meteoriteneinschlags wie jenes, der die Dinosaurier auslöschte, den dritten Weltkrieg oder die menschliche Selbstzerstörung".

Bereits vor vier Jahren präsentierte Elon Musk ausführlich seine Pläne, die menschliche Spezies zu einer multiplanetaren zu machen.
SpaceX

Mars nicht Plan B

Den Roten Planeten sieht Mars jedenfalls nicht als Plan B für unsere Erde, sondern als erste Station auf dem langen Weg zur interplanetaren Spezies über unser Sonnensystem hinaus in andere Sternensysteme. Die ersten Kolonialisten auf dem Mars sollen sich auch keinesfalls auf ein Luxusressort einstellen, viel eher sei es vergleichbar mit den frühen Antarktisexpeditionen.

Wie seine Werbung für den Mars aussehen würde? "Es ist gefährlich, du könntest sterben, es wird ungemütlich, es wird eine lange Reise, das Essen wird nicht gut sein." Für alle, die es überleben, sei es aber ein fantastisches Abenteuer, so der Space-X-Chef. Der Südafrikaner, der auch die kanadische und US-Staatsbürgerschaft besitzt, hofft, die Kohlendioxid-Atmosphäre des Mars per Geoengineering langfristig zu einer erdähnlichen transformieren zu können. Auch der Treibstoff für die wiederverwendbaren Raketen soll auf dem Roten Planeten gewonnen werden. Auf Asteroiden will er nach neuen Ressourcen schürfen.

Eine Million Marsianer bis 2050

Laut Musk werden die ersten Menschen "ziemlich wahrscheinlich" in sechs Jahren auf dem Mars sein, vielleicht auch in vier. Der Visionär prophezeite aber auch schon die ersten zahlenden Marstouristen für 2018. In zwei bis drei Jahren will er jedenfalls selbst einmal in den Weltraum reisen. Und bis 2050 soll die Mars-Kolonie dann eine Million Menschen stark sein. Rechtliche Hürden werden ihn dabei wohl am wenigsten bremsen. Drei Raketen sollen täglich von der Erde aus starten. Wer es sich nicht leisten kann – Tickets sollen rund 200.000 Dollar kosten -, für den werden Kredite zur Verfügung stehen. Auch Jobs am Mars soll es geben, um die Schulden abzubezahlen, schrieb Musk einst auf Twitter. Vergleiche mit der Vertragsknechtschaft waren deshalb schnell gezogen, auch wenn sich die Reisenden hoffentlich nur freiwillig auf die Abenteuer einlassen werden.

Fans von Elon Musk zeigten sich begeistert, als sie herausfanden, dass der deutsche Raketenwissenschafter Wernher von Braun, der für die Nazis und die Nasa arbeitete, schon 1948 – also lange vor Musks Geburt – einen Roman über das Leben auf dem Mars veröffentlichte. Im Buch steht ein gewisser Elon einer Mars-Regierung vor.

Um möglichst viele Freiwillige zu finden, brauche es aber einen möglichst großen Fundus an Menschen. Auch deshalb habe er sechs Kinder bekommen und ermuntert auch andere Menschen, sich möglichst oft fortzupflanzen – vor allem auch in jenen Industrieländern mit niedriger Geburtenrate. Allen Skeptikern, die gerne davon reden, dass ohnehin schon zu viele Menschen auf dem Planeten sind, sagt Musk, dies sei nur eine städtische Sicht auf die Welt. Es gebe Millionen an Quadratkilometern unbesiedeltes Land. Dann wäre da aber freilich noch die Ressourcenfrage zu klären – auch auf der Erde, nicht nur auf dem Mars. (Fabian Sommavilla, 13.1.2020)