Der Mann mit dem Thai ist da! Hubert Mauracher liefert seine scharfen Gemeinheiten jetzt auch wienweit aus – manchmal.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Wien hat Tirol viel zu verdanken, in der jüngeren Vergangenheit etwa zwei Gastronomen, die der Enge ihrer Heimat entflohen sind und heute ganz atemberaubend gut fremdländisch kochen. Über die Ex-Angeleña und Ex-Wattenerin Monika Sims mit ihrer fantastisch mexikanischen Küche ("Maíz") samt selbst vermahlenem Kukuruz für die à la minute gebackenen Tacos wurde hier schon vor Monaten Süßholz geraspelt. Und jetzt kommt, Covid sei Dank, endlich auch Hubert Mauracher dran. Dabei hat der sein thailändisches Wunderkammerl am Laurenzerberg schon vor fünf Jahren aufgesperrt.

Nach Wien musste er schon Ende der Neunziger, wegen der Musik. In den Nullerjahren waren seine als "Mauracher" produzierten Lieder ziemliche Dauerbrenner auf FM4, Indie-Songs von ätherischer elektrischer Schönheit. Davor war der Zillertaler Koch in London und hat, vor allem, ganz viel von Thailand gesehen.

Kochen aber sollte nämlich auch irgendwann wieder sein. Also Schönscharf: winzige Thai-Hütte, keine Kompromisse. Mauracher macht seit Jahren ausgedehnte, akribisch recherchierte Studienreisen in das Land mit der irren, irre guten Küche, die es trotz der wahnsinnigen Schärfe schafft, global als eine der allerbesten respektiert zu werden. Hier merken sogar Holzgaumen, dass Schärfe den Geschmacksinn nicht im Mindesten betäubt, sondern, im Gegenteil, erst so richtig auf Touren bringt.

So ist das auch bei jedem der Currys und Suppen, die Mauracher allmittäglich aus dem winzigen Küchenkobel schießt. Viel mehr geht so auf die Schnelle eben nicht. Bei den post Lockdown wieder regelmäßig eingeplanten siebengängigen Abendmenüs lässt er es in puncto Technik, Varianz und Zutaten dafür richtig pfeifen. Thai-Essen dieser Qualität gibt es sonst überhaupt nur an der Quelle oder in Australien. Dass Mauracher auch bei den Mittagstellern ausschließlich Biofleisch und Fisch oder Garnelen aus Wildfang einsetzt, erscheint ihm selbst nur logisch.

Hintern warm

Ein brennheißes Flimmern bunter Farben, die da ins Haus strömen, wenn Mauracher anläutet.
Foto: Gerhard Wasserbauer

Weil der Lockdown auch das Schönscharf getroffen hat, geht der Tiroler jetzt zusätzlich auch auf "Curry-Tour": Zum Wochenende hin klappert er, bis oben hin mit den schärfsten Sachen bepackt, quer durch die ganze Stadt. An einem Tag ist jeweils der Ostteil der Stadt dran, am anderen der Westen (inklusive Klosterneuburg!).

Was soll man sagen: Es ist ein tropischer Lichtstrahl in dieser bleiernen Zeit, ein brennheißes Flimmern bunter Farben, die da ins Haus strömen, wenn Mauracher anläutet. Das ist Luxus, der das Herz erwärmt. Und den Hintern noch dazu!

Khua Kling, ein trockener Rindfleischcurry, flirrt nur so vor lebendiger Schärfe und flutet den Gaumen mit wilden, feinen Aromen und prachtvoller Säure. Dazu gibt es Gurke und Weißkraut, roh, verblüffend zart, wie kühle Quellen im tosenden Dschungel der Eindrücke.

Der grüne Curry ist an jenem Tag vegan, der dicht gewebten Fülle der Aromen, Kräuter und des knackigen Gemüses tut dies aber gar nichts. Im Gegenteil: Mauracher hat sich für hiesige Bedürfnisse (Veganismus ist dem Thai ein unverständliches Konzept) eine Würzsauce aus Soja, Kombu und ein bissl anderem Zeug mehr gemixt, die einen die süchtig machend böse Herrlichkeit von Fischsauce vergessen lässt. Also: fast.

Roter Curry mit Rind ist dann überhaupt aus einer anderen Welt. Durchwirkt von erdigen wie auch blumigen Aromen, von geradezu parfümierter Duftigkeit, kein bisschen seifig. Die Kokosmilch mit prächtig rotem Ölschleier, das Fleisch mürb, feinblättrig und auf gerade richtige Art durchzogen: ein Kraftpaket von einem Essen, herrlich. (Severin Corti, RONDO, 15.1.2021)