Kim Jong-un steht innenpolitisch unter Druck. Sein Wirtschaftsplan sei gescheitert, gab er beim Parteitag der Arbeiterpartei zu. Er sucht nun nach Bündnissen mit anderen Staaten, "die dem Imperialismus entgegenstehen". Und er lässt neue Waffen bauen.

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So billig kommt man künftig nicht mehr davon, davon ist man in Nordkorea offenbar überzeugt. Mit Donald Trump gab es schwärmerische Briefe und gelegentliche Treffen, aber wenig Druck aus den USA. Der Präsident gab sich mit dem bloßen Anschein von Verhandlungserfolg zufrieden, nahm den Verzicht auf Atomtests als ausreichend hin und ignorierte, dass Pjöngjang weiter massiv aufrüstete.

Mit dem Nachfolger Joe Biden wird es nun schwieriger. Der Druck aus den USA, etwa durch noch mehr Härte bei den Wirtschaftssanktionen, wird wieder steigen. Nordkorea baut schon jetzt mit einer eigenen Drohkulisse dafür vor. Machthaber Kim Jong-un hat beim Parteitag der Arbeiterpartei am Wochenende zu harten Worten gegriffen und die USA als "Hauptfeind" seines Landes bezeichnet. Außerdem kündigte er die Entwicklung zahlreicher neuer Waffensysteme an.

Hyperschall für Kim

Deren Liste ist lang: Hyperschallwaffen gehören dazu, liegen aber wohl im Bereich der weiter entfernten nordkoreanischen Zukunftsvisionen. Neue Atom-U-Boote sind ebenfalls geplant. Sie wären von Bedeutung, weil sie Nordkoreas Zweitschlagskapazität – also die Fähigkeit, auf einen Atomangriff glaubhaft mit einem Gegenschlag reagieren zu können – ausbauen würden. Nach Einschätzung von Experten ist aber auch hier Pjöngjang noch einige Jahre vom Einsatz entfernt.

Realistischer: der Bau neuer Interkontinentalraketen mit Feststoffantrieb. Diese sind, anders als ihre mit Flüssigtreibstoff beladenen Pendants, leichter zu transportieren und daher auch zu verstecken. Und sie sind stets startbereit. Nordkorea war schon zuletzt bei ihrer Entwicklung entscheidende Schritte vorangekommen, ihre baldige Testreife ist wahrscheinlich. Gleiches gilt für taktische Nuklearwaffen – also solche, die im Ernstfall für den Einsatz in der Region, konkret in Südkorea oder in Japan, gedacht wären.

Kim hatte schon im Sommer deutlich gemacht, dass er sich wegen der anhaltenden US-Sanktionen nicht mehr an die Vereinbarungen mit Trump gebunden fühle. Daher gelten weitere Atom- und Raketentests als möglich. Schon unter den Präsidenten Barack Obama und Donald Trump hatte Nordkorea je im ersten Amtsjahr Atomtests durchgeführt – und binnen der ersten hundert Amtstage Raketenübungen.

Als Büßer beim Parteitag

Doch nicht nur aus den USA wittert Kim Ungemach. Er präsentierte sich beim Parteitag auch selbst als Büßer. Sein Mitte des Jahrzehnts vorgelegter Fünfjahresplan für den wirtschaftlichen Fortschritt des Landes sei fehlgeschlagen, sagte er. Hier gelte es durch neue Maßnahmen gegenzusteuern, etwa durch eine engere Kooperation mit anderen Staaten, "die sich dem Imperialismus entgegenstellen".

Die wirtschaftliche Lage in Nordkorea ist für Kims Legitimation im Inneren zentral – entsprechend steht er auch unter Druck. Diesem versuchte der Machthaber auch durch Symbolik entgegenzuwirken. Er zeigte sich erstmals in Militäruniform und trat auch im grauen Anzug auf, den sein Großvater Kim Il-sung meist getragen hatte. Dieser wird in Nordkorea mit den wirtschaftlich erfolgreichen 60er- und 70er-Jahren in Verbindung gebracht. Kim versucht daher immer wieder, an ihn zu erinnern.

Dazu soll unter anderem seine Frisur dienen und, glaubt man Berichten aus Südkorea, auch eine kosmetische Operation vor einigen Jahren. Auch dass Kim sich nun zum Generalsekretär der Arbeiterpartei ausrufen ließ, hat damit zu tun. Südkorea reagierte auf all das besorgt, aber auch besonnen. Aus dem Amtssitz von Präsident Moon Jae-in wurde mitgeteilt, man sei weiter bereit, an einem "Durchbruch mit dem Norden" zu arbeiten. (Manuel Escher, 11.1.2021)