Wer bei Online-Shops außerhalb der EU bestellt, muss mit Einfuhrabgaben rechnen. Auf Einkäufe von mehr als 150 Euro werden Zölle fällig. Einfuhrumsatzsteuer wird bereits ab einem Einkaufswert von 22 Euro fällig – und sehr bald auch schon darunter. Das Brexit-Abkommen zwischen Großbritannien und der EU sieht zwar manche Ausnahmen vor, vor allem bei Zöllen. Teurer wird der Einkauf auf der Insel aber trotzdem. Denn nicht alle Abgaben entfallen.

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Wer viel im Internet bestellt, weiß, welche Vorfreude der nahende Liefertermin bringt. Kommt das Packerl aus England, liefert der Bote neuerdings oft eine Rechnung mit – oft so saftig, dass die Freude vergeht.

So ist es Sabrina S. ergangen, die im Internet Tee bestellt hat. Und zwar aus London, der Kapitale des Teetrinkerlands Großbritannien, das unlängst die Europäische Union verließ. Mitsamt Speditionskosten zahlte S. etwas mehr als 60 Euro. Dass der Paketbote bei der Übergabe der Lieferung noch einmal beinahe 34 Euro an Einfuhrumsatzsteuer (EUSt) von ihr verlangen würde, wusste sie nicht. Der Lieferdienst verrechnete zudem eine Gebühr für die Abwicklung. Unterm Strich gab S. mehr als 100 Euro aus. Gerechnet hatte sie mit knapp über 60.

Österreicher kaufen gerne bei britischen Online-Händlern ein. Rund 500 Pakete lieferte die österreichische bisher am Tag von der Insel nach Österreich. Durch den Brexit dürften es um 100 bis 200 weniger werden.
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Wie S. geht es zahlreichen Konsumenten in Österreich, seit die Brexit-Übergangsphase vorbei und der in letzter Minute ausgehandelte Deal provisorisch in Kraft ist. Zwar konnten die Brexit-Verhandler verhindern, dass für britische Produkte Zölle eingeführt wurden. Einfuhrschranken gibt es dennoch seit 1. Jänner. In vielen Online-Shops erfährt man das höchstens, wenn man das Kleingedruckte durchgeht.

Nicht mehr Zollunion

Seit Anfang des Jahres ist auf Importe aus dem Königreich – mit Ausnahme Nordirlands – die Einfuhrumsatzsteuer fällig. Wer Waren im Wert von mehr als 150 Euro von der Insel bestellt, sollte zudem genau auf deren Herkunft achten. Denn zollfrei sind nur Produkte, die zum größten Teil in Großbritannien gefertigt wurden. Wer bei einem britischen Online-Händler beispielsweise einen chinesischen Saugroboter kauft, muss mit Zöllen rechnen.

Dass Sabrina S. fast die Hälfte des Einkaufspreises an Einfuhrsteuer berappen musste, liegt nicht an einem exorbitant hohen Steuersatz. 20 Prozent des Zollwertes stellt das Zollamt für Einfuhren auf dem Postweg in Rechnung. Was viele nicht wissen: Der Zollwert ist nicht immer gleich dem Preis, den ein Produkt im Online-Shop kostet.

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Sabrina S. bestellte Tee, Schokolade und eine kleine Schüssel für insgesamt etwas mehr als 60 Euro – Speditionskosten inkludiert. Mit Einfuhrumsatzsteuer und Bearbeitungsgebühr wurden noch einmal mehr als 50 Euro fällig.
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Verborgene Kosten

Wer wie S. ein Packerl Tee aus London bestellt, kauft mehr als nur getrocknete Blätter. Der Tee wird verpackt und versandt, die Lieferung womöglich versichert. Die Bemessungsgrundlage für die Einfuhrsteuer hängt zusätzlich davon ab, wo das Produkt hergestellt wurde. Von der EUSt befreit sind Importe aus sämtlichen Drittländern, die weniger als 22 Euro kosten – aber nur noch bis zum 1. Juli.

Allerlei Kosten können also in den Zollwert reinspielen, Frachtkosten werden angerechnet, beim Zoll anteilig bis zur EU-Grenze; bei der Einfuhrsteuer bis zur Lieferadresse. Setzen die Behörden wie bei Sabrina S. hohe Frachtkosten an, treibt das die Steuerschuld in die Höhe. Experten empfehlen jedenfalls, sich vor dem Kauf über alle möglichen Kosten zu informieren. Es lohne sich auch, beim Zollamt nachzufragen, wenn die verrechneten Kosten unplausibel hoch wirken.

Nordirland ist zwar Teil Großbritanniens, bleibt aber eng an den europäischen Binnenmarkt angebunden. Aufgrund der neuen Zollbestimmungen klagen Lebensmittelgeschäfte in der Provinz bereits über Lieferengpässe. Denn damit Lebensmittel im Binnenmarkt verkauft werden dürfen, müssen diese erst durch den Zoll.
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Lieferdienst treibt Zoll ein

Die Höhe der Abgaben bestimmt die Zollbehörde. Paketboten werden nur zu Zolleintreibern an der Haustür, weil die Lieferdienste die Abgaben für ihre Kunden beim Zollamt vorstrecken.

Für die Lieferdienste wie die Post bedeutet der Brexit zwar mehr Zettelwirtschaft an der Grenze. Einen insgesamt größeren Aufwand als bisher fürchtet man aber nicht. Kamen zuletzt rund 500 Packerln pro Tag nach Österreich, erwartet die Post künftig maximal 400 am Tag. Dass sich Sendungen zuletzt an der britischen Grenze stauten, habe aber nichts mit dem Brexit zu tun, versichert ein Post-Sprecher. Schuld an zum Teil massiv verzögerten Lieferungen seien die jüngsten Verkehrsbeschränkungen wegen der Pandemie.

Bei der Post fürchtet man durch den Brexit keinen Mehraufwand. Auch wenn mehr Zettelwirtschaft ansteht – die Sendungen dürften zurückgehen.
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Auch bei DHL Express, das weltweit Pakete ausliefert, fürchtet man keine Brexit-bedingten Einschränkungen im Geschäft. Man habe sich auf alle möglichen Szenarien vorbereitet, sagt ein Sprecher des Unternehmens – auch auf einen harten Brexit ohne Deal. Selbiges gelte für die Händler dies- und jenseits des Ärmelkanals, versichert man. Allerdings gab es jüngst auch Meldungen von Paketdienstleistern – wie etwa DPD –, die Lieferungen von Großbritannien in die EU kurzfristig einstellten.

Die österreichische Zollbehörde hingegen rechnet beim Onlinehandel mit einem Anstieg des Arbeitsaufwands um rund 25 Prozent. Die Ressourcen seien bereits aufgestockt worden, heißt es vonseiten des Finanzministeriums. Man verspreche man sich aber eine baldige Entlastung durch EU-weite digitale Plattformen, über die Warensendungen zentral abgefertigt werden können.

Teure Retouren

Und wie sieht die Konsumentin den Brexit? So eine Qualität bekommt man in Österreich nicht, sagt Teeliebhaberin S., die ihren Londoner Teelieferanten wärmstens empfiehlt. Aber sie denkt auch, dass Kunden besser informiert werden sollten, welche Kosten im Online-Handel mit der Insel lauern.

Retouren in Drittländer sind mitunter teuer. Einfuhrabgaben werden nämlich nicht rückerstattet.
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Das Finanzministerium empfiehlt auf seiner Homepage, sich sehr genau zu informieren. Die Ware soll zum Nettopreis gekauft werden, sonst zahlt man doppelt Steuer. Die Annahme von beschädigter Ware sollte man auf jeden Fall verweigern. Denn auch wenn der Online-Händler Rücksendungen entgegennimmt: Die Einfuhrsteuer wird nicht rückerstattet. (Aloysius Widmann, 14.1.2021)