Rabattschlachten sollen Kunden anlocken. Die Verluste der Händler werden damit aber kaum gemildert.

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Mit der Modekette Adler wurde das nächste Traditionshaus Opfer der Corona-Krise. Der stationäre Handel leidet besonders unter den Lockdowns. Jede geschlossene Woche kostet die Branche rund eine Milliarde Euro. Zu kämpfen hat der Modehandel aber nicht erst seit Corona. Immer mehr Geschäft fließt in den Onlinehandel ab, das Einkaufen vor Ort gilt oft nicht als hip. Waren von der Couch aus zu bestellen, daheim zu probieren und das Nichtpassende wieder zu retournieren hingegen schon.

Hinzu kommt, dass Billigketten den Markt aufmischen. Fast-Fashion-Anbietern wie Primark oder Zara haben die etablierten Ketten nur wenig entgegenzusetzen. Das Coronavirus und die damit verbundenen Schließungen haben damit viele vorgeschädigte Unternehmen getroffen. Der plötzliche Wegfall von Umsatz wiegt schwer. Der Händler muss seine Ware ja bezahlen. Als im Frühjahr der erste Lockdown zu Ende ging, wurden Röcke, Shirts und Co zu Schleuderpreisen verscherbelt, weil die Winterware bereits aus den Lagern drängte.

60.000 Jobs wackeln

Mit den weiteren Lockdowns im Spätherbst und Winter wurde es für viele Unternehmen immer unmöglicher, den Ausfall zu stemmen. Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbands, sieht in der Adler-Insolvenz daher "erst die Spitze des Eisbergs". Der Bekleidungs- und Schuhhandel gehöre zu den größten Opfern der Corona-Krise. Mehr als jeder dritte Euro ist im stationären Handel weggebrochen. Zur Mitte des Vorjahres klagten laut Will bereits 85 Prozent der Einzelhändler über Verluste. Ein Drittel befürchtete im Vorjahr bereits, das Jahr 2020 nicht zu überstehen. Mittlerweile könnte jeder vierte Händler eingehende Rechnungen nicht mehr bezahlen. "6500 Händler sind in Österreich de facto pleite", warnt Will. Damit wackelten rund 60.000 Jobs.

Hilfen lassen auf sich warten

Will ärgert sich auch über die Politik. Denn der Umsatzkostenersatz für Dezember wurde noch immer nicht ausbezahlt, der Ausgleich für die Kurzarbeit im November fehle ebenso. Damit verschärfe sich die Liquiditätssituation von Tag zu Tag. Will erwartet, dass rund 20 Prozent der Bekleidungs- und Schuhhändler nicht durchhalten werden. "Wir lassen niemanden zurück, hat es im Frühling geheißen", erinnert Will. Davon merkten Händler nur wenig. Dabei, so sagt Will, ist der Handel bereit, seinen Beitrag zu leisten. Es müssten aber endlich branchenspezifische Corona-Konzepte erstellt werden. Ob jemand eine Banane oder ein Paar Schuhe kauft, mache keinen Unterschied. Die durchschnittliche Verweildauer in einem Modegeschäft betrage 13 Minuten – mit genügend Abstand und Desinfektionsmöglichkeiten könne man hier sinnvolle Konzepte anbieten.

Verschärft wird die Krise im Handel auch, weil zu Weihnachten gerne Geld und Gutscheine geschenkt werden, die traditionell bis in den Jänner hinein umgesetzt werden. Zehn Prozent vom Weihnachtsgeschäft wird noch im Jänner erwirtschaftet – auch das fällt heuer weg. Und die Händler bleiben wieder auf ihrer Ware sitzen.

Prominente Opfer

Neben Adler haben bereits Airfield, Colloseum, Dressmann, Haanl und Stefanel Insolvenz angemeldet. Der deutsche Branchenverband BTE warnte erst vor wenigen Tagen vor einer Pleitewelle im Modehandel. Auch der Schweizer Bekleidungshändler Tally Weijl schlingert durch die Krise und hat Anfang Dezember ein Schutzschirmverfahren für seine deutsche Tochter beantragt. In Österreich wurden Filialen geschlossen. Adler betreibt in Österreich 24 Filialen mit rund 300 Beschäftigten. Ziel ist es, das Unternehmen zu sanieren. Die ausländischen Töchter seien von der Insolvenz nicht betroffen, hieß es.

Dass der Umsatzkostenersatz mit Jahresende vorbei ist und nicht für den gesamten Lockdown gilt, versteht Will nicht. Man lasse die Branche im Stich. Insolvenzexperten erwarten eine Pleitewelle in Österreich, wenn die Hilfen auslaufen. (Bettina Pfluger, 12.1.2021)