Im "Quartier Lassalle" fand die größte Neuanmietung des Jahres 2020 auf dem Wiener Büromarkt statt. Die ehemaligen Büros der Bank Austria in der Lassallestraße 1 bis 5 werden gerade generalsaniert und dann wieder auf den Markt gebracht.

Foto: Putschögl

Der Wiener Büromarkt hatte im Corona-Jahr 2020 das Glück, zwei außergewöhnlich große Vermietungen verzeichnen zu können. Ohne die 65.000 m², die hauptsächlich die ÖBB in der Lassallestraße angemietet haben, wäre die Vermietungsleistung ordentlich eingebrochen.

So aber konnte mit aufgerundeten 210.000 Quadratmetern, 181.000 davon als moderne Flächen nach den Kriterien des Vienna Research Forums (VRF), noch ein respektables Ergebnis erzielt werden. "Neben der öffentlichen Hand waren auch die Segmente Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT, Anm.) und Pharma-/Gesundheitswesen starke Nachfrager", so Stefan Wernhart, Geschäftsführer der EHL Gewerbeimmobilien GmbH.

Leerstandsrate seit 2013 stark gesunken

Das Ergebnis von 2019 (rund 220.000 m²) konnte somit fast wieder erreicht werden. Und weil generell in den letzten zehn Jahren stets mehr vermietet als gebaut wurde und speziell in den vergangenen beiden Jahren mit zusammen 170.000 m² nur sehr wenige neue Flächen auf den Markt kamen, aber fast doppelt so viele Flächen (330.000 m²) vermietet wurden, ist die Leerstandsrate mittlerweile auf 4,6 Prozent gesunken. 2013 lag sie noch bei sieben Prozent.

2020 kamen 125.000 m² an Flächen neu auf den Markt, im heurigen Jahr werden es nur 105.000 sein (darunter übrigens neuerlich sehr viele Generalsanierungsprojekte), und diese sind zu drei Vierteln bereits vorvermietet, so Wernhart. Für 2022 wären dann aus heutiger Sicht etwa 120.000 m² in der Pipeline, freilich könne sich da noch einiges verschieben.

Die Mieten blieben stabil und sind bei Top-Projekten zuletzt sogar leicht angestiegen. "Der Markt ist sehr stabil und daher wird die aktuelle Wirtschaftsflaute zu keiner deutlichen Abschwächung führen", so Wernharts Zwischenbilanz über die Krise.

Untervermietungen en vogue

Ein "Zurück zur Vor-Corona-Zeit" werde es dennoch nicht geben. "Die Pandemie hat einen tiefgreifenden Wandel der Arbeitswelt in Gang gesetzt", so Wernhart. "In Zukunft werden zwar nicht weniger, aber vielfach ganz andere Bürokonzepte benötigt werden. Diese neuen Anforderungen werden vor allem ältere Bestandsobjekte oft nicht erfüllen können, und schon deswegen werden in den kommenden Jahren zahlreiche Unternehmen einen Standortwechsel vornehmen."

Redimensionierungen bei den Büroflächen werden aber in sehr vielen Unternehmen derzeit überlegt, denn das Homeoffice wird nicht gleich wieder verschwinden, sobald alle geimpft sind – dessen ist man sich generell in der Branche sicher. Doch ohne einen Schreibtisch oder zumindest regelmäßige Treffen im Büro wird es auch nicht gehen, denkt man bei EHL. "100 Prozent Homeoffice ist kein Zukunftsmodell", so Wernhart am Dienstag bei einer virtuell abgehaltenen Pressekonferenz. "Ungenutzte Flächen werden wohl in vielen Fällen zu Kollaborations- oder Kommunikationszonen", denn die Menschen bräuchten einfach auch wieder physische Treffen mit den Kolleginnen und Kollegen. "Die hybriden Modelle werden uns bleiben."

Und die Untervermietung von Büroflächen wird derzeit auch oft überlegt. Das sei schon bisher stets eine Option gewesen, und in Mietvertrags-Verhandlungen ist das auch sehr häufig ein Thema, bestätigt Wernhart. Details dazu werden meist individuell verhandelt, etwa branchenbezogene Ausnahmen von der Erlaubnis, untervermieten zu dürfen.

Einzelhandel im Wandel

Was die Einzelhandelsimmobilien betrifft, sieht die Sache nicht ganz so gut aus. Nationale und internationale Retailer haben ihre Expansionspläne großteils auf Eis gelegt, erläuterte EHL-Retail-Experte Mario Schwaiger. Nur vereinzelt gebe es neue Konzepte. Die Herausforderungen seien groß, "die Konsumenten gewöhnen sich an den Online-Einkauf", insbesondere die Bereiche Fashion und Schuhe würden stark unter den Corona-bedingten Lockdowns leiden.

Falls es doch internationale Anfragen gibt, würden sich diese eher auf Einkaufsstraßen beziehen, die nicht stark vom Tourismus abhängig sind, also etwa die Mariahilfer Straße. Die Bestlagen aber in der City, etwa die Kärntner Straße, seien stark vom eingebrochenen Städtetourismus betroffen. "Mikrolagen" wie beispielsweise die Neubaugasse würden teilweise auch noch sehr gut nachgefragt, hier gibt es aber wiederum kaum freiwerdende Flächen.

Flächenrückgang geht weiter

Generell werde sich auch 2021 aber der anhaltende Flächenrückgang im Einzelhandel fortsetzen, insbesondere in B- und C-Lagen werden die Leerstände zunehmen, erwartet der Experte. Und auch die erwartete Covid-bedingte Schließung hunderter Retail-Standorte werde natürlich "sehr gravierend einschlagen in den nächsten Monaten". Das sei "eine Übergangszeit, bis 2022 neue Konzepte greifen".

Der Branchenmix werde sich auch in den Innenstädten mit hohem Fashion-Anteil wandeln. So manchen würden "ihre Konzepte umstellen müssen, um nicht unter die Räder zu kommen". Gefragt seien verstärkt Flächen für Lebensmittel/Gastro/Dienstleistungen und Logistik. EHL registriere eine "stark steigende Nachfrage nach innerstädtischen Logistikflächen". So seien verstärkt Basis-Standorte für Lieferservices gesucht. (mapu, 12.1.2021)