Es ist relativ logisch, wer wann beim Impfen drankommen sollte.

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Es ist schwer nachvollziehbar, den wievielten Impfstart wir gerade zelebrieren, aber offensichtlich steigen jetzt auch die Bundesländer motiviert in die Impfung ein. Jedes natürlich anders, warum auch nicht. Dass der Bund die Koordinierung der Impfaktion – entnervt durch das Genörgel aus den Ländern – an diese abgegeben hat, ist dabei nicht unbedingt ermutigend. Nach wie vor scheint Chaos zu herrschen, ein straffer Plan ist kaum zu erkennen. Die Menschen sind verunsichert und verärgert. Eine verlässliche und verständliche Auskunft darüber, wer wann drankommen wird, ob und wo man sich schon anmelden kann, ist im Augenblick nicht verfügbar. Viel Vergnügen, wer das auf eigene Faust herauszufinden versucht.

Klar ist: Zuerst kommen die besonders vulnerablen Personen dran, das sind die Älteren und das medizinische Personal. Jene Menschen, die in einem Heim leben, erwischt man relativ einfach. Wie man aber jene Menschen erreichen will, die 80 Jahre und älter sind und noch zu Hause leben, ist nicht ersichtlich. Für eine Impfung ist eine Online-Anmeldung notwendig. Gerade in dieser Altersgruppe gehört Internet nicht zum Alltagsgebrauch. Diese Menschen haben kein Internet oder können es nicht ausreichend gut bedienen. Noch scheint die Politik ratlos, wie man diese Altersgruppe zur Impfung bringt. Informiert wurden sie bislang nicht.

Logisch wäre es, wenn die Hausärzte das übernehmen. Das ist aber (noch) nicht vorgesehen, die Hausärzte sind nicht eingebunden. Vieles, was dennoch ins Laufen kommt, geschieht auf Eigeninitiative der Ärzte. Von denen wissen viele übrigens selbst noch nicht, wann und wo und wie sie geimpft werden sollen. In ersten Bundesländern wurden immerhin Termine über die Standesvertretung ausgeschickt. Ärzte in Wien sind jedenfalls schon kontaktiert worden.

Dass man die über 80-Jährigen außerhalb der Heime ihrem Schicksal überlässt, ist keinesfalls hinnehmbar. Sie brauchen Hilfe und Unterstützung auch im Umgang mit dem Internet. Die Anmeldung zum elektronischen Impfpass, die auch notwendig wird, ist ohne gute Übung (und viel Geduld) nicht bewältigbar. Das kann nicht Aufgabe des Bundes sein, sich darum zu kümmern, das müssen die Länder und Kommunen in die Hand nehmen. Ständig den Bund kritisieren, aber selbst nichts auf die Reihe kriegen, das ist ein wesentlicher Bestandteil des österreichischen Föderalismus. Aber vielleicht ist es diesmal anders und es setzt ein konstruktiver Wettlauf der Bundesländer ein, wer das besser hinbekommt. Wer’s glaubt.

Auch typisch: ÖSV-Chef Peter Schröcksnadel sagt, als Erstes müssen die Skirennfahrer geimpft werden. Eh. Und aus anderer Sicht die Immobilienmakler, Bäcker oder Journalisten. Auf diese Debatte dürfen wir uns erst gar nicht einlassen. Hier kann man der Priorisierungsliste folgen, die schon kursiert – und auf eine Neiddebatte verzichten. Wir Tageszeitungsjournalisten halten es aus, wenn die Kollegen vom ORF ebenso wie Mitarbeiter der Börse vor uns drankommen.

Da tut uns allen ein bisschen Hausverstand gut: Es ist – abseits der Eigeninteressen – relativ logisch, wer wann drankommen sollte. Und schnell genug kann es gar nicht gehen – für alle. Wir hätten gerne mehr Vertrauen in die Politik und ihre Institutionen. Aber ganz ehrlich: Je näher man hinschaut, umso rascher verliert man die Gelassenheit. (Michael Völker, 12.1.2021)