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Schulen, Lokale, Geschäfte, Bibliotheken, Museen – dies und noch viel mehr ist in Deutschland schon geschlossen. Und dennoch: Die Zahl der mit Corona neu Infizierten ist nicht so niedrig, wie es sich viele Politiker erhofft haben. Um die Zahlen zu senken, hat der Ministerpräsident von Thüringen, Bodo Ramelow (Linkspartei), einen drastischen Vorschlag gemacht. Er will die gesamte Wirtschaft in den Lockdown schicken.

"Wir müssen jetzt einfach einmal eine komplette Pause machen. Ich sehe keine Alternativen." Alles, was nicht lebensnotwendig ist oder systemisch nicht abgestellt werden kann, solle man vier Wochen lang abstellen. Während sich die Grünen an seine Seite stellen, trifft Ramelow bei der CDU und Wirtschaftsvertretern auf Widerstand. In der CDU heißt es, viele Branchen würden einen kompletten Lockdown nicht überstehen.

Merkel skeptisch

Auch die Bundesregierung ist skeptisch: Der Sprecher von Kanzlerin Angela Merkel, Steffen Seibert, betonte, jetzt würden erst einmal neue Kontaktbeschränkungen umgesetzt, schloss aber weitere Verschärfungen nicht aus.

Bodo Ramelow will die Wirtschaft noch viel stärker einfrieren.
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Gegen eine Verschärfung ist auch der neue Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm. Es gebe keine Evidenz dafür, dass Produktionsstandorte der Industrie Corona-Hotspots seien. Er erwartet von der Politik vielmehr explizite Vorschläge für Lockerungen, wo immer sie "möglich und vertretbar" seien.

Debatte um Homeoffice

Die Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt fordert ein Recht auf Homeoffice: "Wir brauchen eine Corona-Arbeitsschutzverordnung, die Unternehmen verpflichtet, überall dort, wo es möglich ist, Homeoffice jetzt auch anzubieten." Arbeitgebervertreter Steffen Kampeter lehnt das ab.

In Österreich befragte DER STANDARD den Gesundheitsökonomen Thomas Czypionka zu einem kompletten Lockdown. Der Experte am IHS kann dem nichts abgewinnen, weil Infektionen in Betrieben "kaum eine Rolle" spielen. Auch der Weg zur Arbeit könne Corona-frei absolviert werden, wenn Abstand gehalten und Maske getragen werden. Büros hält Czypionka tatsächlich für eine Infektionsquelle, allerdings könne diese mit reduziertem Personalstand, Disziplin und mehr Homeoffice weitgehend ausgetrocknet werden.

Die größten Effekte hätte die Einschränkung privater Treffen – inklusive Wirtshaus – vor Schulschließungen. Jetzt gehe es darum, die Bevölkerung besser zu motivieren. Ein kompletter Lockdown hingegen verursache hohe Kosten und bringe wenig Nutzen. (Birgit Baumann, Andreas Schnauder, 13.1.2021)