Die Ages prüft derzeit Proben aus einem Seniorenheim, einer Skilehreranwärtergruppe und aus dem Burgenland. Das Sequenzieren eines Virus dauert mehrere Tage.

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Wien – Der weitaus ansteckendere britische Coronavirus-Stamm dürfte in Österreich verbreiteter sein als bisher bekannt. In Österreich gibt es nun Verdachtsfälle in Wien, Tirol und dem Burgenland.

Am Dienstag wurde die B.1.1.7-Mutation erstmals in einem Wiener Senioren- und Pflegewohnhaus festgestellt, wie ein Sprecher der Trägereinrichtung dem STANDARD sagte. Dies habe eine Erstprüfung durch die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (Ages) ergeben. Dieses Erstergebnis muss nun durch eine einige Tage dauernde Sequenzierung bestätigt werden.

Hintergrund war, dass Anfang des Jahres in der nichtstädtischen Einrichtung eine signifikante Häufung positiver Corona-Fälle auftrat. Seit 5. Jänner wurden von 101 Bewohnerinnen und Bewohnern des Heims 42 Personen positiv getestet. Auch 21 Mitarbeiter des Heims waren positiv, wie auf Anfrage bestätigt wurde. Daraufhin wurde die Ages auf Eigeninitiative des Heims mit einer Prüfung beauftragt. Bei einer speziellen PCR-Vortestung sei dann die ansteckendere Virusmutation identifiziert worden, wie ein Sprecher der Ages sagte. Bei wie vielen Fällen genau die Mutation festgestellt wurde, konnte vorerst nicht genannt werden.

Sequenzierung noch nicht abgeschlossen

Allerdings ist die Sequenzierung der Corona-Fälle noch nicht abgeschlossen. Dies dürfte erst Ende der Woche so weit sein, wie der Ages-Sprecher sagte. Aktuell müsse demnach also noch von "Verdachtsfällen" gesprochen werden.

Laut dem Betreiber des Seniorenheims weist "der überwiegende Großteil der positiv getesteten Personen keine oder nur sehr geringe Symptome auf". Nach Bekanntwerden des Clusters wurde ein Besuchsverbot verhängt und ein Aufnahmestopp angeordnet. Bisher war unter Sicherheitsmaßnahmen ein Besuch pro Bewohner pro Woche erlaubt.

Vor dem Cluster im Wiener Seniorenheim wurde die ansteckende britische Virusvariante erst in einigen wenigen Proben nachgewiesen, die im Dezember 2020 am Flughafen Wien-Schwechat genommen worden waren. Konkret wurden vier Fälle der britischen Mutation in Österreich nachgewiesen.

Verdacht auf Mutation in Tirol

Weitere Verdachtsfälle mit dem britischen Virus gibt es in Tirol: In der Gemeinde Jochberg im Bezirk Kitzbühel wurden bei 17 Corona-Fällen konkrete Hinweise auf Infektionen mit der in Großbritannien aufgetretenen Mutation entdeckt. Eine Erstprüfung durch die Ages habe dies ergeben, teilte das Land am Dienstag mit. Mit einem endgültigen Ergebnis sei in einer Woche zu rechnen, hieß es.

Der Jochberger Bürgermeister Günter Resch (FPÖ) bestätigte dem STANDARD, dass insgesamt 38 Personen, großteils britischer Herkunft, zur Skilehreranwärterprüfung in Jochberg aufhältig sind. Einige von ihnen seit Mitte Oktober, andere kamen erst im Dezember. Der Arbeitsrechtsexperte Martin Gruber-Risak von der Universität Wien erklärt, dass ungeachtet einer "gewissen Bizarrität" das rechtliche Problem in dem Fall nach den bisher vorliegenden Informationen "überschaubar" ist. Denn es handelt sich um Arbeitskräfte, die zum Zweck der Ausbildung und der Aussicht auf eine nachfolgende Anstellung im Land sind. Solange die Einreise gemäß den Corona-Bestimmungen erfolgt ist, spreche nichts gegen einen Aufenthalt und die Ausbildung in Tirol.

Quarantäne endet am Mittwoch

Das Land Tirol erläuterte am Dienstagabend den bisherigen Ablauf der Testungen in Jochberg. So seien am 3. Jänner bei den betroffenen Personen positive Antigen-Testergebnisse festgestanden. Im Zuge routinemäßiger Prüfungen durch das Labor wurden am Samstag, den 9. Jänner, Auffälligkeiten gemeldet. Daher sei eine erneute Probenabnahme veranlasst worden, die in weiterer Folge am Sonntag an die Ages nach Wien geliefert wurde. Montagabend standen die Ergebnisse der Erstprüfung fest, so die Landes-Auskunft.

Die Betroffenen befinden sich seit 3. Jänner für zumindest 10 Tage in Quarantäne, bestätigt man seitens des Landes. Das deckt sich mit der Information der Skischule, die die Briten ausbildet. Der Geschäftsführer bestätigte gegenüber dem STANDARD, dass die positiv Getesteten großteils symptomlos geblieben seien, und ab Mittwoch, den 13. Jänner, von der Quarantäne befreit werden. Das Testergebnis der Ages, ob unter den auffälligen Fällen einer mit der Mutation B.1.1.7. war, wird es allerdings erst kommende Woche erwartet. Zudem würde nun in der Gemeinde Jochberg großflächig getestet, sagte Gesundheitsminister Rudolf Anschober am Dienstagabend in einem ORF-Interview. Davon lägen mittlerweile 100 Testergebnisse vor, alle waren negativ, so Anschober. Die Tests erfolgen freiwillig, die Beteiligung sei seiner Information nach "sehr, sehr gut", sagte der Minister.

Im nahe gelegenen Kitzbühel, wo am Wochenende die ersten Hahnenkamm-Rennen stattfinden, beobachte man die Situation sehr genau. Eine Absage der Rennen steht laut ÖSV aber bislang nicht im Raum.

Verdacht auch im Burgenland

Auch im Burgenland besteht nun in drei Fällen der konkrete Verdacht auf die bereits im September in Großbritannien aufgetretene Coronavirus-Mutation. Das habe eine Erstprüfung der Ages ergeben, teilte der Koordinationsstab Coronavirus des Landes am Dienstagabend mit. Ein endgültiges Ergebnis werde in rund einer Woche vorliegen. Zwischen den drei Fällen gebe es keine erkennbare Verbindung, es handle sich auch nicht um britische Staatsbürger.

Die Erstprüfung durch die Ages sei aufgrund von Auffälligkeiten bei den PCR-Tests der drei Personen durchgeführt worden. Derzeit würden die Proben weiteren Untersuchungen zur Sequenzierung des Virenstammes unterzogen, um dessen genaue Zusammensetzung zu beleuchten. Im Umfeld der Betroffenen werde außerdem ein erneutes, intensiviertes Contact Tracing durchgeführt, berichtete der Koordinationsstab. (David Krutzler, Steffen Arora, APA, 12.1.2020)