Bryan Cranston als Michael Desiato in "Your Honor".

Foto: Skip Bolen/SHOWTIME.

Wien/Hollywood – Seit dem Ende von "Breaking Bad" ist es etwas ruhiger um Bryan Cranston geworden. Für die zehnteilige Miniserie "Your Honor" hat der 64-jährige Schauspieler nun aber die Rolle eines Richters übernommen, der auf der falschen Seite des Gesetzes landet. Für Cranston ist es eine Chance, eine Variation jener Antiheldenrolle zu spielen, die ihn zurecht so berühmt gemacht hat. Ab Montag auf Sky.

In der Kultserie "Breaking Bad" spielte Cranston von 2008 bis 2013 unvergesslich den krebskranken Chemielehrer Walter White, der sich vom angepassten Kleinbürger in einen Crystal-Meth-Koch verwandelte, einen Mann, der aus Angst um das Wohlergehen seiner Familie zum Verbrechen getrieben wird und entdeckt, dass seine frühere Karriere ihn überraschend gut für seinen neuen Job ausgebildet hatte.

"Your Honor" ist Cranstons "Breaking Bad" nun insofern nicht unähnlich, weil er erneut einen anständigen Kerl spielt, der sich aufgrund seiner Umstände dazu gezwungen sieht, das Gesetz zu brechen. Cranston kann diese Art von Figur im Schlaf spielen. Aber hier hören die Vergleiche auch schon auf.

Er spielt Michael Desiato, einen liberalen Richter in New Orleans, der zu Beginn der Serie einen Rassisten vorführt. In der Früh vor der Arbeit joggt er am Haus einer Angeklagten vorbei, um später vor Gericht die Falschaussage eines Polizisten zu entlarven, der die schwarze Frau des Drogenbesitzes bezichtigt hat.

Berufsethos auf die Probe gestellt

Aber sein Berufsethos wird auf die Probe gestellt, als sein jugendlicher Sohn Adam (Hunter Doohan) nach Hause kommt und seinem Vater beichtet, dass er einen anderen jungen Mann bei einem Unfall getötet und dann Fahrerflucht begangen hat. Wie sich herausstellt, ist der tote Bursche der Sohn von Jimmy Baxter (der großartige Michael Stuhlbarg), einem Gangsterboss, der schwört, sich an dem herzlosen Fahrer zu rächen. Also entscheidet sich Michael dafür, Adams Missetaten zu vertuschen. Es ist aufregend zu beobachten, wie er versucht, diese Dilemmata zu lösen.

Der britische Dramaturg Peter Moffat adaptierte "Your Honor" von einem israelischen Drama namens "Kvodo" (2017) und jeder, der in den letzten zwei Jahrzehnten Prestigedramen gesehen hat, wird hier auf Neues stoßen, einschließlich der Arbeit von Moffat selbst. Der ehemalige Anwalt ist der Kopf hinter der britischen Serie "Criminal Justice", dessen Format von Steven Zaillian und Richard Price adaptiert wurde, um "The Night Of" für HBO zu machen.

Die Miniserie, in der Riz Ahmed und John Turturro die Hauptrolle spielten, untersuchte, wie ein korruptes und überlastetes US-Strafjustizsystem das Leben derer ruinieren kann, die nicht reich genug sind oder nicht die richtige Hautfarbe haben. Und ähnlich wie in "The Night Of" werden Privilegien und Hautfarbe zu Elementen in der Geschichte von "Your Honor".

Schwarze benachteiligt

Weiße, wohlhabende Männer wie Michael und Jimmy, die Macht und Freunde in hohen Positionen haben, können ihre Söhne auf eine Art und Weise beschützen, wie es beispielsweise eine ärmere schwarze Mutter nicht kann. Der 17-jährige Kofi Jones (bestens von Lamar Johnson gespielt) wird unwillkürlich zum Kollateralschaden und landet im Gefängnis. Ein Schwarzer mit einer Gangtätowierung ist leichter zu verurteilen als der sensible, asthmakranke, weiße Sohn eines angesehenen Richters.

Moffats Geschichte erforscht die moralischen Fragen, die sich aus der doppelten Bedeutung des Serientitels ergeben, und der deutsche Hauptregisseur Edward Berger ("Patrick Melrose") gibt dem Ganzen einen realistischen Ton. Der Rest des Ensembles ist ebenso hervorragend wie Hauptdarsteller Cranston, einschließlich Hope Davis ("American Splendor") als gnadenlose Gangsterehefrau, Margo Martindale ("Justified") als Adams hartgesottene Großmutter und Amy Landecker (aus der US-Serie "Transparent") als Polizistin, die in den Fall verwickelt wird.

"Your Honor" spielt dennoch nicht in der gleichen Liga wie "Breaking Bad". Aber welche Serie kann das schon? Und zumindest die ersten vier Folgen machen Lust auf mehr. (APA, 13.1.2021)