Wenn die Hitze allzu stark drückt, verfällt diese Fledermaus in Torpor.
Foto: UHH/Reher

Wie die Universität Hamburg berichtet, hat eine tropische Fledermausart eine besondere Überlebensstrategie dafür adaptiert, um mit den steigenden Temperaturen fertigzuwerden. Die Spezies Macronycteris commersoni verfällt dann für einige Minuten oder auch Stunden in einen besonderen Zustand, Torpor genannt.

Torpor ähnelt dem Winterschlaf in dem Sinne, dass die Stoffwechselrate auf das überlebensnotwendige Minimum gesenkt wird. Es ist aber eine flexiblere Maßnahme als Winterschlaf: Sie kann jederzeit und ohne vorhergehende Vorbereitungen (etwa das Anfressen eines Fettpolsters) eingelegt werden, hält aber auch nur wesentlich kürzer an. Und auch das Anwendungsgebiet ist breiter gefächert: Verschiedene Säugetier- und Vogelarten reagieren damit normalerweise auf Kälte, Nahrungsmangel oder Trockenheit. Dass auch Hitze Torpor auslösen kann, ist etwas Neues. Das Phänomen ist auch von der gefährlichen Hitzestarre zu unterscheiden, die wechselwarme Tiere wie Reptilien ereilt, wenn es zu heiß wird.

Mittagsagonie

Macronycteris commersoni aus der Familie der Rundblattnasen ist auf Madagaskar beheimatet, wo ein Biologenteam der Uni Hamburg Feldstudien betrieb. "Die von uns beobachteten Fledermäuse hängen tagsüber nicht in Höhlen oder anderen Unterschlüpfen, sondern im Wald. Dadurch sind sie gerade um die Mittagszeit hohen Temperaturen ausgesetzt. An warmen Tagen mit um die 34 Grad Celsius wechselten sie zwischen dem normalen Ruhestoffwechsel und kurzen, bisher unbekannten, Mikro-Torpor-Phasen, die zwischen drei und 53 Minuten dauerten", sagt Stephanie Reher, Autorin der Studie. An besonders heißen Tagen, wenn die Außentemperatur die normale Körpertemperatur übertraf, dehnten die Fledermäuse ihre Torpor-Phasen auf bis zu 436 Minuten am Stück aus und tolerierten dabei Körpertemperaturen von bis zu 42,9 Grad Celsius.

Einerseits können die Tiere so Energie und Wasser sparen, andererseits sind sie immer noch wachsam und können auf Bedrohungen reagieren. Für die Untersuchungen nutzten die Wissenschafter mit Sendern versehene Sensoren, die den Tieren angelegt wurden, um die Hauttemperatur zu messen. Außerdem bestimmten sie den Sauerstoffverbrauch bei 16 erwachsenen Fledermäusen – so konnten die Forscher auf die Stoffwechselrate und den Energieverbrauch schließen.

Strategie mit Risiko

In tropischen Gegenden stellen extreme Temperaturen kleine Säugetiere vor große Herausforderungen, da ihre Körper gegen Überhitzung und übermäßigen Wasserverlust ankämpfen müssen. Aufgrund häufigerer und intensiverer Hitzewellen durch den globalen Klimawandel steigen die von den Säugetieren erlebten Maximaltemperaturen seit einigen Jahren stetig an. Bereits in der Vergangenheit haben Hitzewellen zu mehreren Massensterben geführt, etwa von Flughunden in Australien.

"Torpor könnte eine lebenswichtige Reaktion sein, um in zunehmend heißen und trockenen Regionen zu überleben, insbesondere im Zuge des fortschreitenden Klimawandels", sagt Reher. Es ist jedoch auch eine risikoreiche Reaktion, da die Tiere nicht so einfach wieder aus diesem Ruhezustand herauskönnen. Steigt die Umgebungstemperatur über einen tödlichen Schwellenwert, ist es den Fledermäusen zum Beispiel nicht ohne Weiteres möglich, aktiv die Körpertemperatur zu senken, etwa durch das Wechseln des Aufenthaltsorts oder durch das Befeuchten der Unterarme. Vielmehr würde das Erhöhen des Stoffwechsels körpereigene Wärme produzieren, die die Körpertemperatur noch weiter erhöhen würde.

"Ob Torpor als Hitzereaktion bei Tieren auch in gemäßigteren Zonen auftritt, können wir aktuell nicht sagen", sagt Rehers Kollegin Kathrin Dausmann. "Unsere Entdeckung sollte jedoch weitere Untersuchungen über die Reaktionen anderer Arten anregen, die in Zeiten der globalen Erwärmung jetzt schon nahe ihrer thermischen Grenzen leben." (red, 14. 1. 2021)