Zwei Versuche hat Thomas noch, um an die Schlüssel für sein 7002 Bitcoin schweres Wallet zu gelangen.

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Es ist eine – euphemistisch gesprochen – ziemlich ärgerliche Situation, in der sich der in San Francisco lebende Entwickler Stefan Thomas derzeit befindet. Der Bitcoin liegt, trotz einem deutlichen Absturz in den letzten Tagen, immer noch deutlich über seinem letzten Rekordhoch von 2017 und ist aktuell rund 28.125 Euro wert. Für Thomas eigentlich eine gute Nachricht, denn das macht ihn zum Multimillionär.

Zumindest theoretisch. Denn seine 7002 Bitcoins schlummern in einer digitalen Geldbörse (Wallet). Das große Problem: Die Schlüssel dafür liegen auf einer passwortgeschützten Festplatte, für die er das Kennwort nicht mehr weiß, berichtet die New York Times.

Keys auf gesicherter Festplatte

Verdient hatte er die Bitcoins vor rund zehn Jahren als Gegenleistung für ein Video, das erklärte, wie die Kryptowährung funktioniert. 2011 notierte der Bitcoin im Mittel im Bereich von drei bis vier Euro. Der Programmierer beschloss, das Kryptovermögen erst einmal aufzuheben. Und über die Jahre geriet das Wallet in Vergessenheit.

Zuletzt realisierte er allerdings, dass er mittlerweile auf einem wahren Schatz sitzt. Allerdings auch, dass er zu diesem ohne den zugehörigen Private Keys keinen Zugang hat. Diese liegen auf einer passwortgeschützten Festplatte, deren Kennwort auf einem längst verschollenen Zettel stand.

Probiert hätte er es dennoch, doch seine acht am häufigsten verwendeten Passwörter funktionierten nicht. Zwei Versuche hat er noch, denn nach der zehnten Falscheingabe verschlüsselt die Ironkey-Festplatte alle ihre Inhalte aus Sicherheitsgründen automatisch, womit Thomas sein Vermögen womöglich nie wieder sehen würde. Umgerechnet geht es um rund 200 Millionen Euro.

Diese Erfahrung hat ihn nun auch etwas von Kryptowährungen abgeschreckt. Man nutze Banken, damit diese sich um solche Dinge kümmern. Und immerhin mache ja auch nicht jeder seine eigenen Schuhe, sagt er der New York Times.

Tatsächlich haben nicht nur Privatpersonen, sondern sogar spezialisierte Institutionen immer wieder ihre liebe Mühe beim Management und der Aufbewahrung von Keys, wie etwa diverse Vorfälle bei verschiedenen Kryptobörsen zeigen.

Experte bietet Hilfe an – für Vermögensanteil

Nachdem er sich selbst nun lange schlaflose Nächte beschert hat, könnte Thomas’ vielleicht letzte Hoffnung nun auf Alex Stamos, einem IT-Sicherheitsexperten des Stanford Internet Observatory, ruhen. Dieser sieht sich in der Lage, sich binnen eines halben Jahres Zugriff auf die Inhalte der Festplatte zu verschaffen. Für seine Dienste möchte er dann allerdings einen Anteil von zehn Prozent des Bitcoin-Schatzes.

Bislang wurde das Offert noch nicht angenommen. Thomas hat die Festplatte vorläufig an einem nicht näher genannten, sicheren Ort verwahrt und versucht, sich vorläufig nicht mehr damit zu beschäftigen. Ohnehin hat er nach eigenen Angaben auch ohne diesem Wallet über den Handel mit Kryptowährungen mehr Geld verdient, als er sinnvoll ausgeben könne.

104 Milliarden Euro schlummern in ungenutzten Wallets

Sein Fall ist aber kein Einzelschicksal. Etwa 18,5 Millionen Bitcoins sind derzeit im Umlauf. 20 Prozent davon liegen allerdings in Wallets, die vergessen wurden oder für die schlicht niemand mehr die Zugangsdaten kennt. Das geht aus einer Schätzung des auf den Kryptomarkt spezialisierten Marktforschungunternehmens Chainalysis hervor. Umgerechnet sind das nach derzeitigem Kurs etwa 104 Milliarden Euro. (red, 13.1.2021)