Die kolportierte Skilehrerausbildung in Jochberg war offenbar nur ein privater Skikurs.

Foto: APA/Roland Mühlanger

Jochberg – Am Mittwoch endet für die 17 mit dem Coronavirus infizierten Briten in Jochberg die Quarantäne. Sie haben die Infektion großteils symptomlos überstanden, heißt es. Ob sie sich tatsächlich mit der Mutation B.1.1.7 angesteckt hatten – darauf deuteten Auffälligkeiten ihrer PCR-Tests hin –, wird allerdings erst kommende Woche feststehen. Die Tiroler Gesundheitsbehörden ermitteln indes, ob die Gruppe von insgesamt 38 Personen tatsächlich gemäß den geltenden Covid-Schutzbestimmungen im Land ist oder ob ein Verstoß vorliegt.

Der Geschäftsführer der Jochberger Skischule gibt an, die Briten seien künftige Angestellte und wollten in Vorbereitung auf diese Anstellung im Oktober die dazu nötigen Kurse in Tirol absolvieren. Dazu sei es aber aufgrund der immer wieder geänderten Corona-Bestimmungen noch nicht gekommen. Er beschäftige seit Jahren auch britische Skilehrer und verstehe die Aufregung daher nicht, sagt er. Zudem hält er es für unwahrscheinlich, dass sich seine Schützlinge mit der hoch ansteckenden Mutation B.1.1.7 infiziert haben könnten, weil die meisten seit Oktober hier seien und der Letzte am 18. Dezember nach Österreich gekommen sei. Die ersten Symptome seien aber erst kurz nach dem Jahreswechsel aufgetreten.

Hauptwohnsitz in der Gemeinde

Dass die betreffenden Personen mit Hauptwohnsitz in Jochberg gemeldet seien, bestätigte der Skischul-Geschäftsführer und erklärt es damit, dass die Skilehrer in spe eben aus beruflichen Gründen im Land seien und daher hier ihren Wohnsitz haben. Der Bürgermeister der Gemeinde, Günter Resch (FPÖ), bestätigt die Hauptwohnsitz-Meldung für "den überwiegenden Teil" der insgesamt 38-köpfigen Gruppe. Resch erklärte, dass die Personen auf drei Personalhäuser verteilt im Ort untergebracht und zu beruflichen Zwecken in der Gemeinde aufhältig seien. In einem dieser Häuser sei es zu den 17 Infektionsfällen gekommen, in den anderen beiden seien keine Ansteckungen verzeichnet worden.

Wie Arbeitsrechtsexperte Martin Gruber-Risak von der Universität Wien dazu gestern dem STANDARD erklärte, wäre es trotz bizarrer Optik rechtlich wohl in Ordnung, wenn die Briten zum Zwecke ihrer Ausbildung für ein anschließendes Arbeitsverhältnis im Land sind. Doch die Angaben des Skischulbetreibers entsprechen nur zum Teil den Tatsachen, wie der Geschäftsführer des Tiroler Skilehrerverbands (TSV), Christian Abenthung, erklärt: "Das ist eine private Firma, die für teures Geld Kurse zur Vorbereitung auf die Ausbildung anbietet."

Absurdes Geschäftsmodell

Für Abenthung ist das Geschäftsmodell "absurd", und er verwehrt sich dagegen, dass dies mit der Skilehrerausbildung in Verbindung gebracht wird. Denn diese sei allein Sache des Verbands, der diese hoheitliche Aufgabe im Auftrag des jeweiligen Bundeslandes übernehme. "Wenn jemand eine Skilehrerausbildung macht, sollte es logische Voraussetzung sein, dass diese Person gut genug Ski fahren kann, um die Ausbildung anzutreten", so Abenthung. Wer erst einen teuren privaten Kurs benötige, um sich das dazu nötige Können anzueignen, sei von vornherein völlig ungeeignet für den Job.

Das könnte nun auch dem Anbieter dieser Kurse zum Verhängnis werden. Denn mit einer offiziellen Ausbildung habe eine solche private Vorbereitung gar nichts zu tun. Es sei nicht mehr als ein privater Skikurs. Und die sind derzeit laut Verordnung nur in Kleingruppen erlaubt, für Personen, die aus einem gemeinsamen Haushalt stammen. Das dürfte im Fall der 38 Jochberger Skilehrer in spe nicht zutreffen.

Wiener Verband offenbar doch involviert

Bemerkenswertes Detail dieses Geschäftsmodells: Die wirkliche, offizielle Ausbildung sollte nach dem Vorbereitungskurs über den Wiener Skilehrerverband abgewickelt werden, der dafür offenbar auch gutes Geld kassiert. Auf Nachfrage des STANDARD hatte der Wiener Verband gestern noch dementiert, irgendetwas mit der Jochberger Gruppe zu tun zu haben. Allerdings bestätigte der Geschäftsführer der Skischule in Jochberg nun, dass die Prüfungskurse über den Wiener Verband hätten laufen sollen. Dort war telefonisch heute noch niemand erreichbar. Auf der Homepage sind aber aktuelle Kursangebote zu finden. Etwa für die letzte Januarwoche am Kitzsteinhorn, für 1.200 Euro pro Person, Unterbringung in Zwei- bis Drei-Bett-Zimmern.

Für den Tiroler Skilehrerverband ist das ein Affront. Man selbst habe sämtliche Kurse, abgesehen von den bereits im Vorjahr begonnenen, auf Eis gelegt. "Wir bieten heuer maximal ein Viertel der sonstigen Ausbildungen an wegen der Pandemie. Und die angebotenen Kurse laufen unter strengen Sicherheitsbestimmungen ab", so Abenthung. Er spricht angesichts solcher privater Angebote von einer "katastrophalen Entwicklung", die der ganzen Branche schade.

Kostenlose PCR-Tests für ganzen Bezirk Kitzbühel

Die Tiroler Gesundheitsbehörden seien dabei, den Fall zu prüfen, heißt es aus dem Landhaus in Innsbruck. Sobald die Ergebnisse dazu vorliegen, werde man die Öffentlichkeit über weitere Schritte und etwaige Konsequenzen für die Anbieter dieses Skikurses informieren.

Die Behörden hatten nach Bekanntwerden des Mutations-Verdachts Massentests in Jochberg angeordnet. Am Mittwochabend wurde schließlich die gesamte Bevölkerung des Bezirks Kitzbühel aufgerufen, sich ab Freitag an kostenlosen PCR-Testungen zu beteiligen, die man durchführen werde. Mit Stand Donnerstagmorgen waren über 1.000 PCR-Tests in der Gemeinde Jochberg ausgewertet, vier mit positivem Ergebnis.

Die für das kommende Wochenende im nahegelegenen Kitzbühel geplanten Slalomrennen wurden am Mittwoch vorsichtshalber abgesagt, erklärte Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP). Die Entscheidung sei in enger Abstimmung mit dem Gesundheitsministerium und dem Bundeskanzler getroffen worden und werde vom Skiclub Kitzbühel mitgetragen. (Steffen Arora, 13.1.2021)