Die deutsche Wirtschaft ist 2020 wegen der Coronapandemie so stark eingebrochen wie seit der Finanzkrise nicht mehr.

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Wiesbaden – Die deutsche Wirtschaft ist 2020 wegen der Coronapandemie so stark eingebrochen wie seit der Finanzkrise nicht mehr. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) schrumpfte um 5,0 Prozent und damit erstmals seit elf Jahren, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte. Die Exporte brachen massiv ein, die Firmen kappten ihre Investitionen kräftig und die Verbraucher senkten ihre Ausgaben so stark wie noch nie.

"Lediglich die staatlichen Konsumausgaben und der Bau nahmen gegenüber dem Vorjahr zu und verhinderten damit einen noch stärkeren Einbruch der Wirtschaftsleistung im Coronakrisenjahr 2020", sagte der Präsident des Statistischen Bundesamts, Georg Thiel. Nach einer weitgehenden Stagnation der Wirtschaft zum Jahresende erwarten viele Ökonomen 2021 ein Wachstum von 3,5 Prozent oder mehr.

Weniger Einnahmen

Einen stärkeren Konjunktureinbruch hatte es zuletzt 2009 mit damals 5,7 Prozent gegeben, 2019 stieg das BIP noch um 0,6 Prozent. Der Kampf gegen die Coronakrise riss erstmals seit acht Jahren auch ein tiefes Loch in die deutsche Staatskassa. Bund, Länder, Kommunen und Sozialversicherungen nahmen zusammen 158,2 Milliarden Euro weniger ein, als sie ausgaben. Die Summe entspricht einem Defizit von 4,8 Prozent des BIP und ist damit das zweithöchste Defizit seit der Vereinigung, übertroffen nur vom Rekordminus von 1995.

Wirtschaftszweige unter Druck

Im vergangenen Jahr sorgten vor allem die Maßnahmen zur Virus-Eindämmung für eine Rezession und massive Einbrüche etwa in der Luftfahrt, im Tourismus und im Gastgewerbe. Aber auch die Messebranche und viele andere Wirtschaftszweige gerieten in einen Abwärtsstrudel.

Im Frühjahr verhängte die Politik den ersten Lockdown und seit November sowie vor allem Mitte Dezember gibt es erneut starke Einschränkungen, die die Konjunktur bremsen. "Eigentlich ein Katastrophenjahr – aber gemessen an den zwischenzeitlichen Befürchtungen könnte man sagen, dass wir noch glimpflich davon gekommen sind", betonte LBBW-Chefökonom Uwe Burkert. Der BIP-Einbruch sei der "zweitstärkste seit Bestehen der Bundesrepublik", erläuterte KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib.

Stagnation Ende 2020

"Das Beste an der Dramazahl ist, dass die Wirtschaft Ende 2020 wohl mindestens mit einer schwarzen Null davongekommen ist", sagte Alexander Krüger, Chefökonom vom Bankhaus Lampe. Im vierten Quartal stagnierte die Wirtschaft nach einer ersten Schätzung der Statistiker. Die Wirtschaft sei durch den zweiten Lockdown zum Jahresende "offenbar weniger hart getroffen" worden als durch den ersten Lockdown im Frühjahr. Das BIP war damals so stark eingebrochen wie nie, dann aber im Sommer in Rekordtempo gestiegen.

Im gesamten Jahr schrumpften die deutschen Exporte kräftig um 9,9 Prozent und die Unternehmen investierten mit 12,5 Prozent spürbar weniger in Maschinen und Anlagen. Auch die Verbraucher gaben sechs Prozent weniger aus. Einzig der Staatskonsum samt Konjunkturpaket mit plus 3,4 Prozent und die Bauinvestitionen mit 1,5 Prozent Wachstum sorgten für Schwung.

Hoffnung auf Wachstum

Viele Ökonomen und auch der Industrieverband BDI trauen der Wirtschaft 2021 wieder ein spürbares Wachstum von rund vier Prozent zu. Entscheidend dürfte sein, wie sich das Impfen entwickelt und ob Lockerungen der Corona-Maßnahmen für weniger Unsicherheit bei Firmen und Verbrauchern sorgen. Die Forscher vom Kieler IfW-Institut erwarten zwar noch einen schwachen Jahresauftakt. IfW-Konjunkturchef Stefan Kooths sagte aber: "Halten die Impfstoffe, was sie versprechen, wird die Wirtschaftsleistung ab dem Frühjahr im Zuge der dann möglichen Lockerungen der Infektionsschutzmaßnahmen kräftig anziehen."

Statistikamt-Experte Albert Braakmann rechnet damit, dass – auch bei einem Lockdown bis April – anschließend eine ähnlich starke Erholung wie nach dem Lockdown im Frühjahr 2020 möglich wäre. Verbraucher könnten dann auch dank der Rekordsparquote von 16,3 Prozent ihren Konsum wieder deutlich steigern. "Wer würde nicht mal wieder gerne zum Friseur gehen?" (APA/dpa, 14.1.2021)