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Zehn bis 15 Prozent aller Eierstock- und Prostatakarzinome sind erblich bedingt. Wer schon erkrankt ist, sollte sich Gentests unterziehen – um eine bessere Therapie zu erhalten.

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Das Pharmaunternehmen Astra Zeneca hat in Zusammenarbeit mit führenden Onkologinnen und Onkologen die Kampagne "New Normal, Same Cancer – Neuer Alltag, gleicher Krebs" ins Leben gerufen und will damit Krebspatientinnen und -patienten dazu aufrufen, die Anzeichen und Symptome von Krebs abklären und sich trotz Covid-Pandemie behandeln zu lassen.

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Auch in Zeiten einer Pandemie machen andere, schwere Erkrankungen keine Pause. Am heutigen Weltkrebstag soll darauf aufmerksam gemacht werden. In Österreich erhalten rund 650 Frauen jährlich die Diagnose Eierstockkrebs und etwa jeder achte Krebstodesfall bei Männern ist auf Prostatakrebs zurückzuführen. Diese beiden Erkrankungen haben gemeinsam, dass rund zehn bis 15 Prozent erblich bedingt sind.

Aktuell ist die Krebsversorgung durch die Covid-Pandemie jedoch auch in Österreich erheblich beeinträchtigt. Vor allem weil Betroffene zurückhaltend sind, wenn es darum geht, sich bei Symptomen Hilfe zu holen oder Maßnahmen zur Früherkennung in Anspruch zu nehmen. Zahlen aus dem ersten Lockdown zeigen, dass die Diagnosen von gynäkologischen Krebserkrankungen während dieser Zeit dramatisch zurückgegangen sind, in den Monaten April und Mai 2020 um jeweils minus 49 Prozent.

Neben den Ängsten der Patientinnen vor einer Ansteckung dürfte auch ein Grund gewesen sein, dass das Angebot diagnostischer Möglichkeiten in dieser Zeit zurückgegangen ist. "Die Folge sind mehr fortgeschrittene Tumoren mit einer schlechteren Prognose", so Christian Marth von der Universitätsklinik für Frauenheilkunde an der Med-Uni Innsbruck. Im zweiten Lockdown dürfte es ebenfalls weniger Diagnosen gegeben haben, wenn auch nicht in einem Ausmaß wie im letzten Frühjahr.

Hohe Mortalität

Marth nennt den Eierstockkrebs einen "stillen Krebs", denn häufig verursacht er gar keine Symptome, oder aber sie sind unspezifisch – es kommt etwa zu Bauchschmerzen oder Verdauungsproblemen, meist wenn der Krebs schon fortgeschritten ist. Aktuell verstirbt noch jede zweite Betroffene an der Erkrankung. "Damit ist die Mortalität verhältnismäßig hoch", sagt Marth. Meist erkranken die Frauen nach der Menopause, ist der Krebs genetisch bedingt, kann es auch schon früher sein. Auch Prostatakrebs entwickelt sich oft unbemerkt und wächst sehr langsam – Probleme beim Harnlassen oder Schmerzen in der Wirbelsäule können Anzeichen sein.

Viele der erblichen Prostata- und Eierstockkrebserkrankungen werden durch Veränderungen (Mutationen) in einem der beiden Gene BRCA1 oder BRCA2 ausgelöst. Angeborene krankmachende Veränderungen in einem dieser beiden Gene können sowohl Frauen als auch Männer in sich tragen. Das Risiko, an Prostata- oder Eierstockkrebs zu erkranken, ist damit erhöht. Zudem gibt eine Trägerin oder ein Träger einer Mutation diese mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent an die Nachkommen weiter. Ist die Mutter an Brustkrebs erkrankt, steigt das Prostatakrebs-Risiko beim Sohn um rund 20 Prozent.

Wertvolles Wissen

Ob der Krebs, also eine Genveränderung, in der Familie liegt, lässt sich mit entsprechenden Tests herausfinden. Einerseits ermöglicht das Wissen darüber eine bessere Früherkennung. Erkrankt etwa ein Verwandter ersten Grades an Prostatakrebs, sollten Angehörige altersmäßig rund zehn Jahre früher mit Früherkennungsmaßnahmen starten. Andererseits kann die Erkrankung, sollte sie bereits aufgetreten sein, mit diesem Wissen zielgerichteter behandelt werden. Denn bestimmte Medikamente, sogenannte PARP-Inhibitoren, wirken besonders gut gegen diese Tumoren.

Getestet werden sollten also auch alle Patientinnen und Patienten, die bereits erkrankt sind. "Ob eine BRCA-Mutation vorliegt oder nicht, kann bei der Therapie des Prostatakarzinoms von entscheidender Bedeutung sein. In diesem Bereich sollte viel mehr Aufklärung erfolgen", sagt Gero Kramer von der Universitätsklinik für Urologie der Med-Uni Wien. Eine solche Mutationsanalyse kann entweder im Blut durchgeführt werden oder mittels Gewebe aus dem Tumor.

Gratis Schulungen

Betroffene, in deren Familien sich Krebserkrankungen häufen, oder all jene, die sich über das Thema informieren wollen, finden kostenlose und anonyme Onlinekurse auf der Patientenplattform Selpers. Unter anderem wird dort erklärt, wann ein BRCA-Gentest bei Brust- und Eierstockkrebs sowie Prostatakrebs sinnvoll ist, welche Voraussetzungen es zu beachten gilt und was die Testergebnisse bedeuten. "Viele Betroffene fragen sich: ‚Warum ich?‘", sagt Iris Herscovici, Gründerin von Selpers. Meist gebe es keine Antwort darauf, bei einer genetischen Vorbelastung sei das anders.

Die Schulungen auf der Plattform gehen auf individuelle Fragen ein, auch ein Fragebogen als Vorbereitung für die genetische Beratung ist Teil des Programms. Herscovici zitiert eine Teilnehmerin und ihre Motivation, sich testen zu lassen: "Ich habe die Chance, mein Leben selbst in die Hand zu nehmen und nicht auf den Krebs zu warten."

Kasse zahlt Kosten

Testen, testen, testen – ist nicht nur eine Strategie, wenn es um Corona-Infektionen geht, auch auf Krebserkrankungen trifft dieser Leitsatz zu. Die Kosten dafür werden, wenn eine medizinische Indikation vorliegt, von den Krankenkassen übernommen. Eine erste Anlaufstelle für Interessierte sind neben Fachärztinnen und Fachärzten auch die Beratungsstellen der Krebshilfe.

Alle Expertinnen und Experten sind sich zudem einig: Auch während einer Pandemie ist es zwingend geboten, regelmäßig zur Vor- und Nachsorge zu gehen. Denn mittlerweile ist klar: In Ordinationen und Spitälern sind die HygieneStandards hoch, die Angst vor Ansteckung unbegründet – eine nicht diagnostizierte Krebserkrankung hingegen könnte wesentlich gravierendere Folgen haben. (Bernadette Redl, 4.2.2021)