Was hindert Anschober und Kurz daran, endlich Taten zu setzen?

Foto: Matthias Cremer

Das war klar und deutlich: "Wenn wir nicht jetzt Maßnahmen ergreifen, haben wir im März die Katastrophe", schlug der Bundesrettungskommandant des Roten Kreuzes, Gerry Foitik, Alarm. Tatsächlich lassen die kommenden Wochen weiter nichts Gutes erwarten. Trotz harten Lockdowns hat sich die Sieben-Tage-Inzidenz nicht vom Fleck gerührt und bleibt mit rund 150 weiter viel zu hoch. Die Weihnachts- und Silvesterfeiern könnten zudem in den nächsten Tagen noch einmal eine Dynamik nach oben in Gang setzen.

In Expertenkreisen, bei Medizinern, Virologen, Epidemiologen und Modellierern, ist unbestritten, was jetzt umgehend zu geschehen hat: die Testungen massiv ausweiten und sie auch niederschwellig anbieten – am Arbeitsplatz, in der Schule, zu Hause. Testen sollte zum Alltag gehören. Nicht irgendwann demnächst, sondern sofort.

Parallel muss das Tracing rasch in die Gänge kommen und endlich ein Weg gefunden werden, um das allgemeine Vertrauen in die Impfung zu stärken. So schleppend, chaotisch und mit viel Misstrauen, wie der Impfplan jetzt anläuft, wird das nichts mit dem erhofften und rettenden "Gamechanger".

Zaudern und verunsichern

Auch die alarmierende Zunahme der neuen Virusvariante verlangt rasche Konsequenzen. Stattdessen grübelt die türkis-grüne Koalition vor sich hin, zaudert und verunsichert.

Der grüne Gesundheitsminister Anschober sagt am Montag dieses, der türkise Kanzler Kurz tags darauf jenes. Bildungsminister Faßmann will Schulen öffnen, Kurz hält dagegen. Anschober warnt und warnt und warnt, Kurz kündigt an.

Dann wird aus dem "Freitesten" ein "Reintesten". Covid-Tests sollen zur Voraussetzung für den Besuch von Veranstaltungen oder fürs Einchecken in Hotels gemacht werden. Die Gastronomie bleibt offenbar ausgeklammert. Was das alles in der Praxis, im Alltag heißt, wie das alles administriert werden soll, steckt weiterhin im Nebel.

Andere Baustellen: Eltern wissen noch immer nicht, wie es in der Schule und mit dem Homeschooling weitergeht. Die Kultur, die Kunst und der Sportsektor wollen endlich eine klare Linie sehen, um wenigstens grob planen zu können. Ein Durcheinander. Niemand blickt mehr wirklich durch, was diese Regierung eigentlich will und wie sie gedenkt, durch die Pandemie zu kommen. Es fehlt der Kompass zur Orientierung.

Infantile Babyelefanten-Kommunikation

Große Teile der Bevölkerung haben sich längst ausgeklinkt, pfeifen auf die Regierung und deren Ankündigungen. Sie haben genug von der infantilen Babyelefanten-Kommunikation.

Was hindert Anschober und Kurz daran, endlich Taten zu setzen? Warum, zum Beispiel, wird nicht umgehend, ab morgen, das Tragen von FFP2-Masken an öffentlichen und stark frequentierten Orten verordnet? Das ist zumutbar und jederzeit umsetzbar. Warum nicht klare Ansagen, wann die Schule beginnen wird, statt ständig herumzulavieren? Nichts strapaziert Eltern mehr als diese Nichtentscheidungen.

Die Koalition hat mit all ihrem Zaudern und internen Gezerre viel Vertrauen verloren. Sie bietet das Bild einer mit der Pandemie überforderten Regierung. Sie sollte eingestehen, dass sie es allein nicht schafft, und die Sozialpartner und die Opposition, wie es in Ansätzen beim "Reintesten" schon der Fall war, zur Covid-Mitarbeit ins Boot holen. Es ist nicht mehr viel Zeit für politische Eitelkeiten. (Walter Müller, 14.1.2021)