Arbeitsministerin Christine Aschbacher musste wegen Plagiatsvorwürfen gegen ihre FH-Abschlussarbeit und Dissertation zurücktreten.

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Die Plagiatsvorwürfe gegen die Doktorarbeit der zurückgetretenen ÖVP-Arbeitsministerin Christine Aschbacher an der Technischen Universität in Bratislava werfen die Frage auf: Wie konnte es so weit kommen?

Für den Plagiatsjäger Stefan Weber, der den Fall aufdeckte, lassen sich die Versäumnisse auf zwei Komponenten herunterbrechen: einerseits auf die Arbeit der beiden Begutachterinnen, die das Werk offenbar unzureichend prüften, andererseits aber auch auf die slowakische Plagiatssoftware, die zum Einsatz kam und die fremdsprachige Inhalte kaum berücksichtigt. Konkret handelt es sich dabei um den staatlichen Plagiat-Checker Centrálny register záverečných prác (CRZP).

Grob gesagt funktioniert Plagiatssoftware so, dass sie das hochgeladene Dokument mit einer zugrundeliegenden Datenbank, die eine Vielzahl anderer Texte enthält, abgleicht. Diese stammen etwa aus dem Internet, aus zuvor abgegebenen Arbeiten und aus wissenschaftlichen Publikationen. Ab einer Übereinstimmung von mehreren Wörtern werden die gefundenen Passagen, sofern es sich um kein Zitat handelt, farblich markiert. Die Begutachter sehen diese dann ein und evaluieren, ob es sich um ein Plagiat handelt oder nicht.

21 Millionen Texte versus 70 Milliarden

Die Datenbank, die von CRZP eingesetzt wird, besteht aus ungefähr 21 Millionen Texten. Der Großteil davon sind Lehrbücher und ältere Arbeiten, zum Teil werden auch Internetquellen genutzt. "Nur ein Bruchteil davon ist in Fremdsprachen verfügbar, nämlich acht Prozent", erklärt die slowakische Journalistin und Plagiatsprüferin Mária Benedikovičová, die im vergangenen Jahr mehrere Plagiatsskandale in Verbindung mit slowakischen Politikern aufgedeckt hat, dem STANDARD. Das slowakische Bildungsministerium gibt nicht bekannt, wie viele dieser acht Prozent deutschsprachige Quellen sind. "Das Kontrollprotokoll durch CRZP ist aber keine Bestätigung, dass es sich um ein Plagiat handelt, das muss die Begutachtungskommission entscheiden."

Zum Vergleich: Die an den meisten österreichischen Universitäten genutzte Software Turnitin setzt auf 70 Milliarden Webseiten, sowohl aktuelle als auch archivierte, sowie mehr als eine Milliarde Studierendenarbeiten. Dazu kommt ein Abgleich mit einer Vielzahl an Fachpublikationen. Rund 630 Millionen aller Inhalte sind deutschsprachig, sagt eine Sprecherin von Turnitin auf Anfrage. Dieser massive Unterschied dürfte dafür gesorgt haben, dass CRZP bei Aschbachers Dissertation lediglich eine Übereinstimmung von 1,15 Prozent erkannte. Weber zufolge waren es bei einer Prüfung mit Turnitin hingegen zumindest 21 Prozent.

Eine Frage des Geldes

Die TU Bratislava setzt dennoch auch bei nichtslowakischen Arbeiten nur CRZP ein. Damit ist sie nicht allein: Die Software ist an den meisten slowakischen Universitäten Usus. Wie Studierende aus mehreren slowakischen Universitäten bei einem Rundruf bestätigen, wird im Regelfall kein anderer Plagiatsprüfer eingesetzt, auch nicht, wenn eine Arbeit in einer anderen Sprache abgegeben wurde.

Warum kein international genutztes System zum Einsatz kommt? "Angebote wie Turnitin sind vergleichsweise teuer", sagt die deutsche Medieninformatikerin und Plagiatsforscherin Debora Weber-Wulff von der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin zum STANDARD. "Auch wegen der eigenen Sprachen wollen die Slowakei und auch Länder wie beispielsweise Albanien oder Polen eigene Programme nutzen." (Muzayen Al-Youssef, Selina Thaler, 15.1.2021)