Wo soll eine Gemeinde eine neue Siedlung bauen, wo ein Heizkraftwerk? Die Generalplanung von Land Niederösterreich und Umweltministerium gibt künftig Richtlinien für jede Gemeinde in Niederösterreich vor.

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Umweltministerin Leonore Gewessler: "Die Art und Weise, wie wir unseren Lebensraum gestalten, wirkt sich unmittelbar aus unsere Lebensqualität und das Klima aus."

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Umweltlandesrat Stephan Pernkopf: "Es wird nicht so sein, dass man draußen aus Jux und Tollerei einen billigen Grund ankauft."

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Wien/St. Pölten – Wo und wie eine neue Siedlung gebaut wird, hat Folgen für das Klima. Denn je nachdem, ob neue Häuser etwa am Rand einer Gemeinde gebaut werden oder in Zentrumsnähe inklusive passender Verkehrsanbindung, verursachen sie in den nächsten Jahrzehnten mehr oder weniger Energieverbrauch, Bodenversiegelung und Autoverkehr.

Das ist einer der Gedanken hinter einem weitreichenden Projekt, das Klimaministerium und Land Niederösterreich am Freitag vorgestellt haben: Für alle 573 Gemeinden in Niederösterreich erstellt die Universität für Bodenkultur Energieraumpläne – immerhin 30 Prozent aller österreichischen Gemeinden. Dafür werden Millionen Daten zusammengeführt, um den Kommunen einen Richtwert zu geben, wo Bau- und Infrastrukturvorhaben am besten durchgeführt werden können.

Intelligente Planung für kurze Wege

"Die Bundesländer und die Gemeinden spielen mit der Raumordnung und -planung auf der kommunalen Ebene eine ganz wichtige Rolle im Bodenschutz und im Klimaschutz", sagte Ministerin Leonore Gewessler (Grüne). "Die Art und Weise, wie wir unseren Lebensraum gestalten, wirkt sich unmittelbar auf unsere Lebensqualität und das Klima aus." Mit den von der Boku errechneten Modellen "können wir ganz wichtige Daten sammeln und den Gemeinden anschließend zur Verfügung stellen".

Dabei geht es zum Beispiel auch um die Frage, wo man ein Heizwerk, Photovoltaikanlagen oder Windräder am besten hinstellt. Zentral ist aber die Verkehrsfrage, es gehe um "möglichst wenig Verkehr, möglichst kurze Wege", sagt Gewessler.

Kein billiger Grund am Ortsrand "aus Jux und Tollerei"

Auf Basis der Berechnungen der Boku gebe es dann "einen Rückcheck mit den Gemeinden", erklärt der niederösterreichische Umweltlandesrat Stephan Pernkopf (ÖVP). "Dann gibt es einen Planungsleitfaden, nicht nur für die Gemeinde, sondern auch für die Raumordner." Die Pläne sollen durchaus verbindlich sein: Künftig müsse jede Gemeinde ein Klimakonzept vorlegen können und gegebenenfalls argumentieren, warum sie wie baut. "Es wird nicht so sein, dass man draußen aus Jux und Tollerei einen billigen Grund ankauft", sagt Pernkopf.

Gernot Stöglehner vom Institut für Raumplanung, Umweltplanung und Bodenordnung der Boku leitet das Projekt, das rund 200.000 Euro kostet – die Kosten teilen sich Niederösterreich und das Ministerium. Basis für die Berechnungen sei "sehr viel Modellierungskompetenz, die sich bei uns am Institut aufgebaut hat", es gehe um "Millionen von Einzeldaten", die am Schluss statistisch ausgewertet werden.

Auswirkungen für Jahrzehnte

Am Ende gibt es für jede Gemeinde eine eingefärbte Karte: Bunt sind Bereiche, wo Fernwärme möglich ist, verkehrsgünstige Lagen und jene Flächen, wo sich beides überschneidet – also besonders gute Lagen für Neubauten oder Nachverdichtungen. Auf dieser Basis können die Gemeinden dann "strategische Planungen" durchführen, sagt Stöglehner. In einem Jahr soll das Projekt abgeschlossen sein. Die Auswirkungen der Raumplanung wirken dann aber für Jahrzehnte. (Sebastian Fellner, 15.1.2020)