Offen oder doch geschlossen? Trotz Lockdowns sind immer mehr Kinder in der Schule.

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Neuer Tag, neue E-Mail, neuer Ärger. "Leider kam es beim Transport der Selbsttests zu Verzögerungen", schrieb das Kommunikationsteam des Bildungsministeriums am Freitag an die sehr geehrten Direktorinnen und Direktoren. Da standen die Schulleitungen allerdings schon zum Wochenenddienst bereit, um wie gewünscht die Lieferung der Nasenbohr-Selbsttests entgegenzunehmen, auf die das Bildungsressort für den Neustart des Unterrichts an den Schulen verstärkt setzen will. Ein Teil davon musste auf einen Zustellungsstart "mit Wochenbeginn" vertröstet werden.

Als nervenaufreibend möchte Sandra Mayerhofer ihren beruflichen Alltag im Moment nicht beschreiben. Die Direktorin der NMS Stelzhamerschule in Linz sieht sich vielmehr im Job im Moment eher "sehr gefordert". Flexibilität lautet in Pandemiezeiten das Motto der Schulstunde. Aktuell gelte es, den Schichtbetrieb ab dem 25. Jänner zu organisieren. Mayerhofer: "Was enorm schwierig ist, weil wir einfach nicht genug Personalressourcen an unserer Schule haben. Wenn eine Klasse Unterricht hat, brauche ich parallel Lehrer für die Betreuungseinheiten."

Erst vergangenen Freitag haben Personalvertreter das Problem noch einmal mit Vertretern des Bildungsministeriums erörtert. Trotzdem soll es dabei bleiben: Die Jüngeren kommen abwechselnd tageweise in die Schule, für die Oberstufenklassen können individuelle Modelle gefunden werden.

Und auch wenn die Nervosität der Pädagoginnen und Pädagogen angesichts nach wie vor hoher Infektionszahlen und der hochinfektiösen Virusmutation "erheblich angestiegen" ist, wie Pflichtschullehrergewerkschafter Paul Kimberger (FCG) bemerkt, sei der Schulstart am 25. Jänner zumindest "eine Perspektive mit einem gewissen Maß an Planbarkeit". Wobei "Start" für ihn eigentlich nicht der passende Ausdruck ist, denn: "Teilweise haben wir so hohe Betreuungsquoten vor Ort, dass im Schichtbetrieb weniger Kinder in der Schule sein werden als jetzt in der Phase des Distance-Learning", sagt der Lehrervertreter.

Eine Rechnung, die wohl illustrieren soll, wie voll manche Klassen mancherorts bereits sind. Ganz aufgehen tut sie aber nicht: Denn zum Unterricht im Schichtbetrieb kommt für die andere Hälfte der Lernenden ja womöglich wieder ein Betreuungsbedarf hinzu.

Mehr als 18 Prozent betreut

Dazu ein paar aktuelle Zahlen: Für die Woche von 7. bis 15. Jänner hatten bundesweit rund 14 Prozent der Eltern ihre Kinder trotz Schullockdowns zur Betreuung angemeldet – tatsächlich gekommen sind jedoch deutlich mehr. Laut einer Statistik, die dem STANDARD vorliegt, waren im angegebenen Zeitraum mehr als 18 Prozent der Kinder und Jugendlichen an den Schulen – die meisten davon in Salzburg, nämlich 22,8 Prozent.

Je nach Schultyp war die Auslastung unterschiedlich hoch: Die meisten Kinder mit Betreuungsbedarf gab es österreichweit an den Volksschulen, nämlich 28,1 Prozent. Auch an den Mittelschulen hatten die Lehrkräfte vor Ort bereits einiges zu tun: Im Schnitt haben hier 10,7 Prozent der Jugendlichen vergangene Woche die Schule besucht. Auch hier zeigt sich also: Der Plan ist das eine, die Realität das andere.

"Untragbarer Zustand"

Planbarkeit ist das, was sich auch Schuldirektorin Mayerhofer von der Politik wünscht: "Dieses sich von Woche zu Woche Hanteln, und meist ist dann wieder alles anders, ist für Schulen eigentlich ein untragbarer Zustand." Man brauche Planungssicherheit: "Uns fehlt der Plan A. Wir haben keinen Sicherheitsbereich, keine Rahmenbedingungen, in denen wir uns bewegen können. Wir sind ja flexibel, aber es macht einen Unterschied, ob ich vorher schon weiß, was in einem bestimmten Fall passieren wird – oder ob ich am Dienstag erfahre, dass am Donnerstag die Schulen zu sind."

"Unüberschaubar" sei die Lage derzeit, sagt Lehrervertreter Kimberger. Und "gefährlich". Letzteres nicht nur ob des Virus, auch Droh-E-Mails zahlreicher Eltern, die mit der Maskenpflicht für alle ab der Unterstufe nicht einverstanden sind, machen den Lehrkräften zu schaffen. An manchen Standorten höre er die Klage "Wir können nicht mehr", berichtet Kimberger.

Eines der großen Probleme sei die Kommunikation mit den Behörden. Mayerhofer: "Wir kriegen genug Information. Aber leider halt immer sehr spät oder aus den Medien." Der Schulöffnung mit 25. Jänner steht die Pädagogin kritisch gegenüber: "Sinnvoller wäre es gewesen, eine österreichweit einheitliche Regelung für die Semesterferien zu schaffen – und bis dahin die Schulen geschlossen zu halten. Es ist für das Lehrpersonal letztlich einfacher, mehrere Wochen Distance-Learning zu planen, als ständig zwischen Homeschooling und Präsenzunterricht wechseln zu müssen."

Test oder FFP2-Maske

Bevor der Unterricht an den Schulen wieder losgeht, ruft der Bildungsminister die Lehrerinnen und Lehrer dazu auf, wieder so zahlreich an den Massen- und Berufsgruppentests in den Bundesländern teilzunehmen. Knapp vor Weihnachten ließen sich etwa 70 Prozent der Pädagoginnen in der Nase herumstochern. Laut Verordnungsentwurf des Gesundheitsministeriums könnten jene, die sich nicht testen lassen zum Tragen einer FFP2-Maske verpflichtet werden. (Karin Riss, Markus Rohrhofer, 16.1.2021)