Der hier abgebildete Boss stellt die Spieler im Dungeon Plaguefall vor eine pikante Aufgabe. Gute Nerven sind sehr zu empfehlen.

Foto: Activision Blizzard

Mit dem bereits achten Add-on des wohl größten Onlinespiels aller Zeiten, World of Warcraft (WoW), läutet Blizzard ein neues Zeitalter für das 16 Jahre alte Spiel ein. Neue Belohnungen, mehr Fokus auf die Geschichte, und im neuesten Raid wird sogar getanzt, um Vampire zu besiegen. Einige Monate nach dem Erscheinen kann man sich bereits ein gutes Bild davon machen, wo die Reise mit der Marke künftig hingehen soll.

Kontraste

Den Auftakt in Shadowlands macht der Spieler in einer äußerst trostlosen Umgebung. "The Maw" zeigt einen Ort, der dem christlichen Verständnis einer Hölle sehr nahekommt. Feuer und Steine sind die prägenden Elemente dieser unwirtlichen Welt. Hinzu kommen noch eine Reihe von zahllosen Seelen, die herumirren, abgerundet von Monstern, die nur ein Ziel haben: zu töten. Die Aufgabe des Spielers ist es, sich mit Unterstützung von bekannten WoW-Charakteren aus "The Maw" zu befreien, doch diese müssen zuerst gerettet werden.

Statt einer freien Auswahl bei den Quest-Gebieten nimmt einen das Spiel an die Hand. Dafür wird eine ineinander verwobene Hintergrundgeschichte erzählt. Wählen kann man dennoch immer wieder am Wegesrand, dort warten nämlich Nebenquests. Viele davon setzen auf bewährte Muster: Sammle dies, töte das, eskortiere jene. Die große Innovation spürt man nicht im Bereich des Gameplays, sondern bei der Präsentation. Die Story steht diesmal im Mittelpunkt und Blizzard geizt weder mit Zwischensequenzen noch mit ausführlichen Texterzählungen.

"The Maw" in voller Pracht.
Foto: Activision Blizzard

Riesige Welt

Wieder sind es vier verschiedene Zonen, die es in Form von Questreihen zu erkunden gilt. Doch bereits nach den ersten Levels wird einem klar: Die Langatmigkeit des Lebens als Abenteurer gehört der Vergangenheit an. So gelingt es Activision Blizzard, eine facettenreiche Umwelt zu erschaffen, die nur so vor Kontrasten strotzt. Alle vier Gebiete sind komplett unterschiedlich gestaltet und überzeugen allesamt zumindest in grafischer Hinsicht. Des Weiteren haben sich die Entwickler in Sachen Inszenierung erneut der Menschheitsgeschichte bedient, optische Abwechslung ist also garantiert. Sobald die Gebiete bereist und erfolgreich abgeschlossen wurden, wartet zur Belohnung das maximale Level 60.

Endgame, das eigentliche Highlight

Bei Shadowlands wird es noch mal deutlicher als in den vergangenen Add-ons, erst mit Erreichen der maximalen Stufe startet das Spiel so richtig. Zuerst tritt der Spieler den Weg zurück in die Hauptstadt Oribos an, um sich dort für eines der vier Völker, die die vier verschiedenen Gebiete bewohnen, zu entscheiden. Die Entwickler meinten schon während der Betaphase des Spiels, dass die Entscheidung, sich einem der vier Pakte anzuschließen, eine schwerwiegende sein werde. Natürlich ist einzuwenden, dass, nachdem sich die Community lauthals über die Äußerung beschwerte, die Mechanik doch entschärft wurde. So ist eure Entscheidung nicht endgültig, und der Pakt kann alle 14 Tage gewechselt werden.

Revendreth beheimatet neben Vampiren auch Gargoyles.
Foto: Activision Blizzard

Die Gunst des gewählten Volkes muss mithilfe von erfolgreich erledigten Aufgaben erworben werden. Danach erreicht man das Pakt-Sanktum, die Heimatbasis, ein Stück weit angelehnt an die Garnison aus Warlords of Draenor. Hier können diverse Gebäude mit einer speziellen Währung ausgebaut werden.

World of Warcraft

Um das Spiel noch einzigartiger zu machen, erhalten alle Klassen zwei spezielle Fähigkeiten, sogenannte Seelenbilder, von ihrem Pakt, die sie im Idealfall nochmals stärker machen. Diese sind unter anderem auch dazu da, im Autochess-Format zusätzliche Beute zu sammeln. Dieses Feature ist auch von einer App am Handy bedienbar und liefert zumindest temporär Vergnügen.

Außerdem bieten die vier verschiedenen Pakte jeweils ein spezielles Event. So ist es beispielsweise möglich, bei den Venthyr als Party-Planer aufzutreten, um die Zusammenkunft der Vampire optimal aussehen zu lassen.

World of Warcraft

Als letzte Neuerung wartet Thorgast, der Turm der Verdammten. Dieser ist beheimatet in "The Maw" und dient als Verlies für die furchtbarsten Kreaturen, die je auf der Spielwelt Azeroth gewandelt sind. Hier versuchte Blizzard ursprünglich, einen "Endlos-Dungeon" zu etablieren, um eine Hommage an das Spielgenre Rogue-Like der 1980er-Jahre zu erschaffen. Ganz so endlos ist dieses Abenteuer jedoch gar nicht, wie es beispielsweise in der Beta-Phase angedeutet wurde. So müssen die Charaktere eigentlich jede Woche lediglich zwei Mal sechs Ebenen überwinden, um an diverse Belohnungen zu gelangen.

Anfang Jänner lieferte Blizzard deshalb noch eine weitere Version des Turms nach. Hier ist es möglich, bis zu 18 Ebenen zu spielen. Thorgast kann entweder im Alleingang oder im Fünf-Spieler-Modus absolviert werden.

Im Raid gilt es, Sire Denathrius zu besiegen.
Foto: Activision Blizzard

Raids und PvP

Ohne Frage, World of Warcraft ohne Raids wäre nur der halbe Spaß. Als größte Änderung zu vergangenen Herausforderungen haben die Raids zumindest in zwei der drei Schwierigkeitsgraden an Härte zugenommen. Auch an der Anzahl der Bosse wurde geschraubt. Waren es zuvor immer acht Bosse, die es zu besiegen galt, sind es diesmal zwei mehr. Auch die Boss-Mechaniken bringen so manche Innovation, die hier aber nicht verraten werden soll.

Mythic Plus, ein Spielmodus der eigentlich im Add-On Legion noch als Zeitvertreib von den Entwicklern eingeführt wurde, erfreut sich auch in Shadowlands wieder großer Beliebtheit. Die Dungeons, die in einer gewissen Zeit in diesem Modus abgeschlossen werden müssen, machen mindestens genauso viel Spaß wie in den vergangenen Jahren. Dabei gelang es den Entwicklern sogar, die eine oder andere positive Neuerung zu etablieren.

Eines der Dungeons beinhaltet ein Rätsel, das schnell auch Kopfschmerzen verursachen kann.
Foto: Activision Blizzard

PvP runderneuert

Spieler gegen Spieler (PvP) darf in World of Warcraft natürlich auch nicht fehlen. Der Modus erlebt sogar eine kleine Renaissance. Denn nach Jahren der Abstinenz feiern die Marken ihr Comeback. Das bedeutet, nach jedem gewonnen Spiel in der Arena, bei dem Spieler im Duell gegeneinander antreten, gibt es zur Belohnung Marken, die in weiterer Folge in Ausrüstungsgegenstände eingetauscht werden. Genau dieser Umstand führt zu der Renaissance des PvP-Spiels. Denn aufgrund der Tatsache, dass in Shadowlands die Ausrüstungsbelohnung in den Raids und Mythic Plus radikal reduziert wurde, ist der Modus im Moment eine der effektivsten Wege, seinen Helden auszurüsten.

Der Eingang führt in das Innere der Hauptstadt Oribos.
Foto: Activision Blizzard

Wenngleich auch nicht unerwähnt bleiben darf: Erstmals in der Geschichte von WoW ist es allen Spielern möglich, die stärksten Gegenstände – legendäre Gegenstände – mit Soul Ashe, einer der Belohnungen aus Thorgast, selbst zu schmieden. Somit ist ein Prozess, der in der Vergangenheit sehr mühsam gewesen ist, stark simplifiziert worden. Auch ist eine wöchentliche Belohnungskiste eingeführt worden, die bei jedem Server-Reset eine zusätzliche Belohnung bietet. Wurden die drei Modi Raid, M+ und PvP intensiv gespielt, stehen insgesamt neun verschiedene Gegenstände zur Auswahl, wovon einer gewählt werden darf.

Fazit

Ein Massively Multiplayer Online Role-Playing Game (MMORPG) kann natürlich auch nicht nach mehreren Monaten in aller Tiefe beurteilt werden. Ein gelungenes Add-on, speziell in der Welt von Azeroth, oder in diesem Fall in Shadowlands, wird wohl erst nach den weiteren Patches richtig beurteilt werden können. Doch eines kann bereits jetzt ohne Zweifel geschrieben werden: Blizzard gelingt es mit Shadowlands, die Enttäuschungen von Battle of Azeroth zumindest für den Moment vergessen zu machen.

Jedoch machen sich auch schon erste Zweifel breit, weil eben der nächste Content-Patch gänzlich unbekannt ist. Geben wir mal der weltweiten Pandemie die Schuld, dass noch keine Information darüber bekannt ist. Doch spätesten bei der allerersten virtuellen Blizzcon am 19. und 20. Februar 2021 wird wohl das Geheimnis gelüftet. Einstweilen gilt es, die Shadowlands weiter zu erkunden und zugleich auf den neusten Patch zu warten. (Florian Zsifkovics, 1.2.2021)