Die FPÖ wollte eine diskrete Bankverbindung für ihre eigene Finanzierung und jene der rechten Parteien im EU-Parlament.

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Oft sind auch gescheiterte Deals interessant – die ab 2017 geplante Übernahme der Wiener Privatbank durch die slowakische Arca Capital, die damals Milliardär Pavel Krúpa gehörte, zählt dazu. Mehrheitseigentümer der Wiener Privatbank (Bilanzsumme damals knapp 500 Mio. Euro) sind Immobilieninvestor Günter Kerbler und sein Geschäftspartner Hannes Kowar. Die Slowaken wollten deren Anteile um 37 Millionen Euro kaufen.

Die Aufsichtsbehörde FMA hielt Arca als Bankeigentümerin freilich nicht für geeignet, stand doch Holdingeigentümer Krúpa daheim im Visier der Behörden und man sagte ihm fragwürdige politische Connetions nach. In der Folge zog sich der Milliardär aus der Arca zurück, seine Nachfolger machten einen neuerlichen Versuch, die FMA zu überzeugen. Auch das klappte jedoch nicht. Letztlich beschied sich Arca Capital mit einem Anteil von 9,9 Prozent – und das war’s.

Berater Peter Sidlo

Begleitet hat den Deal für Arca die Sigma Investment von Markus Braun und von dessen dort in der Geschäftsführung sitzenden Schwager Peter Sidlo. Er ist jener Wiener Ex-FPÖ-Bezirksrat, der später in den Vorstand der Casinos Austria kam – was die Causa Postenschacher Casinos auslösen sollte.

Heute stellt sich die Sache in einem etwas anderen, bläulichen Licht dar. Die FPÖ soll großes Interesse am Zustandekommen des Deals gehabt haben – wie sich aus Unterlagen erschließt, die bei einer Hausdurchsuchung bei Johann Gudenus beschlagnahmt wurden.

Kredite für die FPÖ

Darin werden die "Vorteile einer Übernahme der Wiener Privatbank durch die Arca für die Partei" aufgezählt. Demnach hätte die FPÖ dann "einen verlässlichen Partner in Finanzierungs- und Veranlagungsfragen" und könnte ohne Kapitalbeteiligung einen Vertrauensmann in den Aufsichtsrat der Bank entsenden, ohne dass es offiziell eine Verbindung zwischen Partei und Bank gebe. Bis zu 15 bis 20 Mio. Euro könnte die FPÖ an Kreditlinien im Jahr bekommen, vermeinte der Autor des Schriftstücks und Befürworter der Transaktion. Und damit wäre die Partei mittel- bis langfristig bei ihrer Wahlkampffinanzierung abgesichert, wie es in dem Papier heißt. Dann wäre man in Finanzierungsfragen auch von anderen österreichischen Banken unabhängig.

Freilich erhofften sich Freiheitliche noch viel mehr, sie erträumten sich die Wiener Privatbank unter Arca-Eigentümerschaft als Financier gleich aller rechten Parteien in der EU. Die Privatbank könnte "für alle wahlwerbenden Parteien unserer EU-Fraktion eine Quelle für die Wahlkampffinanzierung werden", die rechten Parteien hätten es ja bei der Wahlkampffinanzierung besonders schwer, Frankreichs rechte Kandidatin Le Pen habe das ja erlebt. Verwiesen wurde u. a. auf die guten Beziehungen Krúpas und auch auf Connections zur tschechischen Sazka Group von Karel Komarek, die damals schon in die Casinos Austria eingestiegen war.

Gudenus fragte nach

Noch im August 2018 erkundigte sich Gudenus bei seinem Parteifreund Sidlo, ob die Slowaken denn in der Privatbank seien. "Praktisch schon", antwortete er, "die formale Zustimmung der FMA sollte in den nächsten Wochen folgen". Sie folgte aber nicht, der Deal platzte. Kerbler konnte das Angeld (rund vier Mio. Euro) behalten, die Sigma fiel um das Erfolgshonorar um.

Noch kurz zur Orientierung: Sidlo hat einst bei Kerbler und Kowar in der Conwert gearbeitet, von November 2017 bis Mai 2018 war er im Aufsichtsrat der Privatbank. Seit Februar 2018 hat der frühere FMA-Mitarbeiter Sitz und Stimme im Generalrat der Oesterreichischen Nationalbank, die türkis-blaue Regierung hat ihn dort hin entsandt.

Überraschung für fast alle

Fragt man die Beteiligten heute, was die FPÖ damals plante, so wissen sie die meisten mit alldem nichts anzufangen. Gudenus gab keine Stellungnahme ab und ersuchte den STANDARD per SMS, seine Kreise nicht zu stören. Laut Kowar hat Sigma-Mann Sidlo den Kontakt zu Arca hergestellt, die FPÖ-Pläne sind für ihn wie für Kerbler, einen Grün-Unterstützer, völlig neu. Beide erzählen, dass Sidlo einmal mit dem Anliegen an die Bank herangetreten sei, der FPÖ einen Kredit zu gewähren, das habe man aber sofort abgelehnt. Die in dem Papier erwähnten 15 bis 20 Millionen, die sich Blaue als jährliche Kreditlinien ausgemalt hatten, schütteln die Wiener-Privatbanker nur den Kopf: So hohe Ausleihungen an einen Kunden seien der Bank gar nicht möglich, sagt auch Kerbler.

Auch ein Vertreter der slowakischen Arca, der den Deal damals mitverhandelt hat, will nichts von etwaigen politischen Begehrlichkeiten wissen. Selbst wenn man die Bank gekauft und das Sagen bekommen hätte, "hätten wir die Finanzierung politischer Parteien nicht zugelassen", so der Manager. Arca ist inzwischen in finanzielle Turbulenzen geraten; das Unternehmen steht unter einer Art Gläubigerschutz, der für die Covid-Zeit gilt.

Grüne fragten nach

Thema war der geplatzte Bankdeal auch schon im parlamentarischen Ibiza-U-Ausschuss, wo Grün-Mandatarin Nina Tomaselli zunächst Sidlo und am vorigen Mittwoch Sigma-Eigner Markus Braun nach Details gefragt hatte. Dem STANDARD sagte Braun am Freitag, er wisse von all dem gar nichts. Er habe keine Kenntnis von einer etwaigen Involvierung irgendwelcher Parteifunktionäre, es sei um Vorhaben zweier rein privaten Unternehmen gegangen.

Sidlos Anwalt betonte auf Anfrage, dass in Bezug auf diese Angelegenheit nicht gegen Sidlo ermittelt wird, sie sei auch nicht Teil des vom U-Ausschuss untersuchten Sachverhalts. In einer Einvernahme wurde Sidlo aber auch einmal zu diesem Themenkomplex befragt. Da räumte er ein, er kenne den Inhalt der (oben genannten) Unterlage und hätte sie Gudenus auch mündlich kommuniziert.

Sidlo bestätigte den Plan

Auf die Bitte der Ermittler, die Unterlage zu erklären sagte er so: "Ja, es wäre die Idee gewesen, dass bei einer erfolgreichen Übernahme die FPÖ Kreditlinien für die genannten Zwecke bekommen hätte." Dass er der Mann gewesen wäre, den man – wie im Papier dargestellt quasi für die FPÖ – in den Aufsichtsrat entsendet hätte, glaube er nicht, so Sidlo damals. Schließlich sei er da schon im Generalrat der OeNB gewesen. (Renate Graber, 16.1.2021)